Das Roth`sche Haus in der Oberen Straße (Schopperhaus)

zur Geschichte des Hauses siehe hier

Das Roth`sche Haus vor seiner Zerstörung
Das Roth`sche Haus vor seiner Zerstörung

Zugegeben, eine echte Sehenswürdigkeit ist das Haus heute nicht mehr. Der Krieg hatte dem Haus geradezu den Garaus gemacht, so dass heute noch das Erdgeschoss zu sehen ist. Dieses allerdings ist noch fast vollständig erhalten. Wie nachstehend ausgeführt und dargestellt, gibt es so viele detaillierte Informationen über dieses Haus, dass mit entsprechendem finanziellen Aufwand ein Wiederaufbau dieses einst schönsten Privathauses des Renaissancezeit ohne Weiteres möglich wäre.

Eingang zum Roth`schen Haus heute
Eingang zum Roth`schen Haus heute

In diesem Haus wohnte Johann Hoefel, der im Eingang (Innenhof) des Hauses Inschriften hinterlassen hat, die noch heute zu sehen sind. Über dem inneren Hauseingang zum heutigen Restaurant ist der Name Hoefels und seiner Ehefrau Anna Rüffer zu lesen.

2007
2007
Das Roth`sche Haus nach seiner Renovierung ca. 1890
Das Roth`sche Haus nach seiner Renovierung ca. 1890

Vorstehender Druck ist der Deutschen Bauzeitung No. 24 S. 135 v. 25.03.1882 entnommen. Dort wird vom Architekten Herrn Jacob Lieblein exakt dargestellt, so wie er auch dieses Bild genau aufgezeichnet hat, in welcher Weise er mit einem Aufwand von 2.600 Mark das Haus renoviert hat.


Im Folgenden wird dieser hochinteressante Artikel komplett wiedergegeben:

 

Lübke`s Geschichte der deutschen Renaissance erwähnt unter den Bauten der Stadt Schweinfurt kurz ein Privathaus mit mächtigem Giebel, und jedem, der das gastfreundliche, am Main gelegene Städtchen je einmal besuchte, wird dieses Haus, das hoch oben im Stein die Jahreszahl 1588 trägt, wohl im Gedächtnisse sein. Gehört es doch mit dem bekannten Rathause, der ehrwürdigen Johanniskirche, dem neuerdings leider abgebrochenen Mühlthore und dem Basteythurme zu dem wenigen, was die einst so blühende Reichsstadt an Monumentalbauten früherer Jahrhunderte bis zur Gegenwart sich bewahrt hat.

Nur die Vorderseite des an einer Ecke der oberen Gasse gelegenen, weithin sichtbaren Hauses, das auch in der Gesamtansicht der Stadt zur Geltung kommt, hat eine architektonische Durchbildung erfahren. Im Erdgeschoss dient ein großes seitliches Rundbogenportal auf ausgenischten Pilastern, mit reich und energisch gegliederter Archivolte und einem männlichen Kopfe als Schlussstein, als Eingang und Durchfahrt; drei gedoppelte Fenster in dem charakterisitischen Profile der Zeit schließen sich an. Über den Fenstern sind wuchtige, ungleich weit vorspringende Konsolen ausgekragt, auf welche sich Stichbögen mit geraden Kämpferansätzen in reicher Profilierung aufsetzen; die Zwickel über den Bögen sind reich ornamentiert. Die Ecke ist unten gebrochen, wird jedoch unmittelbar unter dem Bogenfries mittels eines Löwenkopf-Konsols in einen rechten Winkel übergeführt.

Die Löwenkopfkonsole heute
Die Löwenkopfkonsole heute

Ist die Fensterstellung des Erdgeschosses nahezu eine symmetrische, so sind dagegen die Öffnungen des Obergeschosses - 3 gedoppelte und ein dreiteiliges Fenster - in freier Weise, offenbar nach dem seinerzeit gegebenen Programm den Innenräumen entsprechend, angeordnet. - Über dem Portale befinden sich die Wappen des Erbauers und seiner Frau mit dem Einhorn, welchen Namen das Haus, den eingemeißelten Distichen zufolge, bei der Aufführung behielt.

(Anmerkung: Dieses Wappen ist noch heute auf dem Rothbier abgebildet)

Die bezgl. Inschrift lautet:

Jam ter quingentos a Christo duxerat annos

Undecies que octo Titan ab axe poli:

Hoc fabre structum celsas cum surgit ad auras

Jectum quod nomen monocerotis habet.

Auch die Namen des Baumeisters oder Steinmetzen: Hans Werner, und des Dichters des Spruches: Johann Schopper, sind auf der Tafel angebracht.

Entsprechend der aus zwei Flügeln bestehenden Grundrissform des Hauses baut sich nun von der Ecke aus ein kolossaler, 3 geschossiger Renaissancegiebel auf, der bei aller Einfachheit der Gliederungen und Formen doch höchst stattlich und stolz wirkt. Vier Gurte in feinem Profil gliedern denselben horizontal, 6 Fenster und eine Rosette durchbrechen die Masse; eine halbrunde Muschel im Flachrelief, auf welcher ein mächtiger, vergoldeter Knopf mit dem Reichsadler als Wetterfahne befestigt ist, schließt den Giebel ab. Neben demselben ist, vor dem anderen Flügel des Hauses an der Nachbargrenze, ein zweiter, kleinerer Giebel angeordnet, der durch auf Konsolen ansetzende Pilasterchen, bzw. durch 4 leicht profilierte Gurte gegliedert ist; die Ecken sind durch halbe Muscheln ausgefüllt. Der obere Abschluss ist, wie an den Gurtenden des Hauptgiebels, durch Steinkugeln, bzw. durch eine noch an mittelalterliche Formen anklingende Bekrönung bewirkt. Eine riesige Mansardgaupe mit hohem Dach, die zweigeschossig über Hauptgesimshöhe auf der Seitenfassade ansetzt, sowie wirkungsvolle Dachfenster, alle mit Spitzen und Knöpfen bekrönt, vollenden das malerische Bild des Ganzen.

Alle Architekturteile sind aus grünem Sandstein hergestellt. Die Steine zeigen, wie ich mich durch persönlichen Augenschein bis zur Spitze hin überzeugte, nur an sehr wenigen Teilen schadhafte oder verwitterte Stellen. Jedenfalls ein Beweis, dass das Material mit sehr großer Sachkenntnis ausgewählt wurde, und in richtiger Würdigung der Lagerflächen und der Angemessenheit der Profile zur Verwendung gekommen ist, zumal die Front nach Westen gerichtet, also allen Unbillen des Wetters direkt ausgesetzt ist.

 


 

 

Dieselbe geschickte Verwendung und die selbe gute Erhaltung des in der Umgegend der Stadt reich vertretenen Materials, zeigt übrigens auch das i. J. 1570 vollendete Rathaus der von Schweinfurt. (Anmerkung: richtigerweise wurde es von 1570 - 1572 erbaut)

Die Mauerstärke des in Bruchsteinen hergestellten Giebels beträgt vom Obergeschoss aus, 4m über Terrain, nur 0,42m, während die Höhe desselben von der Straße bis zur Oberkante der Muschel auf 16m sich beläuft. Jenes ist weniger als die Baupolizei heute erlaubt und spricht gewiss gleichfalls für die ausgezeichnete Konstruktion des Mauerwerks und der Entlastungsbögen, die bei den vielen Pfosten, Fenstern und den versetzten Axen sehr zu überlegen war.

Das Innere des Hauses bietet außer einer massiven Wendeltreppe mit reich gegliederter Spindel, der Anordnung eines vollständig geschlossenen Vorplatzes im Obergeschoss, sowie des in Stein ausgeführten Bildnisses des Erbauers Höfel, mit seiner ersten und zweiten Frau an der Wand eines Gartenhäuschens, nichts besonderes.

Im Juli 1877 erhielt der Unterzeichnete den Auftrag zur Renovation der Fassade, für die allerdings nur die knappesten Mittel zur Verfügung gestellt werden konnten.

Da alle Flächen verputzt waren, was auch die ganze Gliederung der Fassade bedingte, der Putz sich jedoch in schlechtestem Zustande befand, so ging ich davon aus, den Putz in hydraulischem Mörtel zu erneuern, gleichzeitig aber durch Anordnung von Sgraffitoschmuck die Fassade neu zu beleben. Die stark ausgewaschenen Fugen mussten natürlich wieder einmal frisch ausgekittet, die Architekturglieder teilweise nachgearbeitet, an manchen Verkröpfungen etc. überhaupt vollendet und ergänzt werden; manches lästige Anhängsel, das die harmonische Wirkung des Baus stark beeinträchtigte, war zu entfernen; auch musste das Gebäude unbedingt, des besseren Schutzes und Aussehens wegen, mit einem Sockel versehen werden. Zur Abweisung des Wassers ließ ich über der bis dahin in sehr mangelhafter Weise mit Schiefer abgedeckten Gurte des Obergeschosses einen Plattenbelag von bestem Sandstein, mit einer Wassernase, anordnen; ebenso das schöne Wappen mit einem Konsolrahmen fassen.

Der dokorative Schmuck sollte, ohne aus dem Charakter eines Privat- und Bürgerhauses heraus zu fallen, einige halb verklungene historische Reminiszensen lokaler Art auffrischen.

Das schwere Feld über den Fenstern des Obergeschosses wurde durch reiches figürliches Pflanzenornament in einen großen Sgraffitofries umgewandelt.

Der Verfasser meinte wohl Johann Michael Fehr
Der Verfasser meinte wohl Johann Michael Fehr

Das Hauptmotiv bilden die Portrait-Medaillons der Ärzte Balthasar Fehr und Laurentius Bausch, mit ihren Wappen; dieselben sind die Gründer der Leopoldina Carolina, der noch heute mit dem Sitz in Wien bestehenden, einst hoch berühmten Naturforscher-Gesellschaft, die zu Schweinfurt im Jahre 1652 gestiftet wurde; der Wahlspruch der Gesellschaft: "Nunquam otiosus" ist in der Mitte des Feldes auf einem Spruchbande angebracht. In den 6 feldern des kleinen Giebels und in den Halbkreisen über den Fenstern des großen Giebels sind die Wappen alter Schweinfurter Bürger-Geschlechter angebracht. 

Johann Höfel, Erbauer des Roth`schen Hauses
Johann Höfel, Erbauer des Roth`schen Hauses

Zwischen den Fenstern des großen Giebels befinden sich die Medaillon-Portraits von Johann Höfel, dem Erbauer des Hauses und Begründer umfangreicher Weinkultur in der Schweinfurter Gegend, sowie von Balthasar Rüffer, dem Schwiegervater des vorgenannten, einem sehr verdienten Bürger, dessen Gemeinsinn und Liebe zur Vaterstadt noch heute namhafte Stipendien bekunden. Die anderen, zur tektonischen Erklärung und Belebung des Massen heran gezogenen ornamentalen Motive, spielen zumeist in launiger Weise auf das Brauerei-Gewerbe des jetzigen Besitzers, Hrn. R. Roth, an. Die nicht ornamentierten Flächen haben eine einfache Scraffito-Quaderung erhalten.

Die ganze Ausführung nahm nicht mehr als 6 Wochen in Anspruch. Am brauchbarsten erwies sich für den Verputz, durch ansprechende beständige Farbe , der schwarze Kalk der Hrn. Gebr. Ufert in Frankfurt a. M.; die Scraffitomalerei wurde von Hrn. Reutlinger in Frankfurt gefertigt. Die Gesamtkosten der Renovation stellten sich auf 2 600 Mark. 

Wenn ich eine so bescheidene Arbeit meinen Fachgenossen vorzulegen wage, so bewegte mich vor allem der Wunsch, zu zeigen, mit welchen geringen Mitteln die Denkmäler der Vorzeit oftmals von Schäden und Entstellungen befreit und in einen würdigeren Zustand versetzt werden können. Wie viele der im Privatbesitze befindlichen Wohnhäuser unserer alten Städte, die in ihrer gegenwärtigen Beschaffenheit allmählichem Untergange entgegen gehen oder rücksichtslos dem Abbruche geopfert werden, könnten nicht als ein charakteristischer Schmuck jener Städte gerettet werden, wenn der Einfluss der Fachgenossen es nur unermüdlich versuchte, den Besitzern den Wert ihres Eigentums klar zu machen und ihnen darzulegen, wie leicht die verstümmelte Erscheinung desselben wieder in ihrer alten Schönheit hergestellt werden kann. dass ich in dem vorliegenden Fall gewagt habe, über eine einfache Herstellung des ursprünglichen Zustandes hinaus zu gehen und durch den neu hinzu gefügten, dem Verständnis der Gegenwart angepassten Schmuck des Hauses im Volke erhöhte Teilnahme für dasselbe zu erwecken, es also gleichsam zu einem Verbindungsgliede zwischen alter und neuer Zeit zu gestalten, glaube ich nicht nur um dieses Zweckes willen, sondern auch deshalb vertreten zu können, weil die Arbeiten der Vergangenheit von denen der Gegenwart sich sehr bestimmt unterscheiden und keine der ersteren angetastet oder gar beseitigt wurde.

Frankfurt a. M.                                               Jacob Lieblein,Architekt

Übrigens: Jacob Lieblein war gebürtiger Schweinfurter. Er war es auch, der den heutigen städtischen Hauptfriedhof geplant hatte.