Gambrinus
einst Sattlerstraße 1
Auch diese Gaststätte gibt es nicht mehr. Die Wirtsfamilie Witscher gab diese wunderschöne Gaststätte leider in den 1990er-Jahren auf, nachdem sich kein Nachfolger mehr fand. Schade!
Schade auch, dass das eben so schöne Anwesen sein schmuckes Dach im Zweiten Weltkrieg verlor...
Zuletzt wurde die Gaststätte durch die Familie Witscher und schließlich Frau Witscher alleine geführt. Es fand sich leider kein Nachfolger, der diese eigentlich sehr erhaltenswerte und
charmante Lokalität übernimmt. Schade!
Familienfotos vor der Gaststätte Gambrinus:
Danke an Yüksel Tas
Der Gambrinus war eine äußerst beliebte Arbeiterkneipe, aber auch Konzertsaal. Vor seiner Schließunf glaubteman noch in die 1920er zurückversetzt zu sein. Die Schließung war ein großer
Verlust für Schweinfurt.
Die Decken waren gründerzeitlich hoch, es gab dunke lange Tische mit dunklen Stühlen, Theke und Registrierkasse waren aus dem Jahre 1929, die noch die Eltern von Frau Erna Witscher, Arnulf
und Phillipine Schäfer, gekauft hatten.
1901 gehörte das Haus und die Kneipe dem Schweinfurter Brauhaus. Schäfers hatten den Mut, es zu kaufen und hatten Erfolg. Schließlich war gegenüber das VKF-Werk und in der Schuhfabrik
Silberstein und Neumann waren auch die potentiellen, schnell gewonnen Mittagsgäste beschäftigt. Allerdings änderte sich der Besucherstrom 1928, als SKF das Werk übernahm und eine große Kantine
eröffnete.
Also musste man sich neu besinnen. Durch einen Gast kam die Idee, ein Tanzlokal zu etablieren. So wurde das Lokal umgebaut. Noch bei der Schließung erinnerte hieran das Parkett mit einem
Scheinwerfer im Hintergrund.
1939 änderte sich erneut die Lage. Die Nazis erließen ein allgemeines Tanzverbot. Der Sohn fiel kurz nach Kriegsbeginn in Polen, ein schwerer Schlag für die Familie. Mit Mühe konnte man sich
in der Kriegszeit über Wasser halten. Aufgrund der Nähe zur Industrie schlugen immer wieder Bomben in der Nähe ein und inm Februar 1944 war es so weit: Sprengbomben rissen die oberen Stockwerke
auseinander. Zusätzlich schoss ein "Blindgänger" durch Betten und Kleiderschränke. Er schmiss das Klavier vom Podium und erschlug im Keller noch eine Frau, die dort Schutz gesucht hatte. Arnulf
Schäfer fiel auch im Krieg. Erna Witscher flüchtete mit ihrer Mutter nach Nüdlingen.
Als sie nach Kriegsende zurückkehrten standen sie vor einem stark beschädigten Gebäude. Sie baten den Brauhaus-Direktor um Hilfe. Der meinte, dass das Lokal doch völlig kaputt sei. Das
selbstbewuste Auftreten der Witscher-Frauen ließ ihn jedoch nicht kalt. Er lieferte Bier und die beiden Frauen arbeiteten mit aller Kraft und mit dem Bewusstsein von "Trümmerfrauen" an der
Wiedergeburt des Lokals. Sie holten Tische und Stühle aus dem Keller und hängten ein Schild "Flaschenbier" auf. Der Gambrinus eröffnete als erstes Lokal nach dem Zweiten
Weltkrieg!
1947 heiratete Erna Schäfer Herrn Martin Witscher. Die Mutter starb 1954 und Erna führte den Betrieb weiter. Noch mit über 80 Jahren betrieb sie die Gaststätte. Als sie nicht mehr konnte,
schloss die Kneipe. Ein Verlust für Schweinfurt!