Die Wehranlagen
Danke an Philipp Hartmann für obige Fotos
Der Schweinfurter Zoo
In den Wehranlagen gab es übrigens einen Zoo, der bis in das Jahr 1944 existierte. Der Luftangriff der Alliierten traf auch dieses Gebiet am 13. August 1944 empfindlich.
Paul Ultsch schreibt dazu in seinem Buch "Damals in Schweinfurt" folgendes:
"Im Frühjahr 1880 siedelte der Tiergarten vom Gelände am Hochreservoir der Wasserleitung im Osten der Stadt mit seinem Bestand an seltenen Hühnern, Tauben,
Stallhasen, Meerschweinchen und Affen ins Erste Wehr über.
Aus kleinsten Anfängen hatte der Verein der Tierfreunde einen Zoo geschaffen, der als einer der ersten Privat-Tiergärten Süddeutschlands weithin Beachtung fand.
...
Bunte Papageien begrüßten die Ankömmlinge mit lautem Kreischen. ...
Hannes, der Pelikan, watschelte unbekümmert zwischen den Besuchern herum.
Hinter dicken Gitterstäben dösten zwei Braunbären in ihrem Gehäuse.
Die Basaltsteinwerke Leimbach & Co. stifteten Hohlblocksteine für ein Raubtierhaus. Löwen, Tiger, Leoparden, Puma, Kragenbären und eine gefleckte Hyäne waren darin untergebracht.
In Freigehegen tummelten sich Hirsche, Lamas, Esel, ein Helmkasuar, Stachelschweine und viele andere Tiere.
Stolz war der Verein auf sein einmalig in Deutschland vorhandenes Zebra.
Kinder ritten auf Ponys und sogar auf einem Kamel ihre Runden."
Tatsächlich entstand der Park in den Jahren 1869 bis 1890. Mitte des 19. Jahrhunderts war dies noch als Überschwemmungsgebiet und Auwald in den Unterlagen des Stadtgartenamtes ausgewiesen. Kurz danach war dieses Areal Flaniermeile und Exerzierplatz, wandelte sich danach durch gärtnerische Maßnahmen mehr und mehr in einen Park.
Es sind noch etliche Bäume aus dieser Gründungszeit der Wehranlagen zu sehen: Geweihbäume, Zerreiche, Roteiche, Ungarische Eiche und
Hickorynuss. Der Gedamann'sche Hügel wurde in den 1860er Jahren vorwiegend mit Pflanzen aus China, Japan und Korea bepflanzt.
Danke an Philipp Hartmann für vorstehende Fotos
Gäbe es heute noch den Schweinfurter Zoo, so wäre er der älteste Bayerns!
1872: Die Gründung des Vereins der Tierfreunde
1874: Das Gehege für "Geflügel und Ziertiere" im Gelände "Auf den Wasserleitungen"
wird errichtet.
1877: Die Statuten des "Vereins der Tierfreunde" werden verabschiedet.
1879: Es erfolgt Gründung des Tiergartens in den Wehranlagen (Park an der Pfinz)
1892: Der Bärenkäfig wird gebaut.
1895: Bau eines Wohnhauses mit Überwinterungshaus
1900: Affenhaus und Nebenvoliere entstehen.
1902: Der Bärenkäfig wird erweitert.
1903: Prinz Ludwig zu Gast: 4000 Besucher
1904: Schriftlicher Führer des Tierparks erscheint
1905: Michael Firsching, 1. Tierpfleger
1906: Der Zoo wird erweitert und eine Umfassungsmauer wird errichtet
1907: Fasanenvolieren werden erstellt
1909: Ein Hochwasser richtet große Schäden an. Neue Statuten des Verein
1911: Schweinestall und Hirschpark entstehen
1912: Der Außenzaun wird erneuert, Bau des Eselstalls
1925: Der Stadtrat bewilligt jährliche Zuschüsse
1928: Der erste Löwe im Zoo, Rekord-Besucherzahl: 19.300
1929: Neubau des Raubtierhauses (Löwen und Leoparden; Käfige vergrößert)
1930: Höchstzahl Vereinsmitglieder: 612
1935: Der Vereins der Tierfreundeerhält eine neue Satzung
1936:Der langjährige Vereinsvorsitzender Gustav Huber stirbt
1937: Neuer Vereinsleiter wird Georg. Schell. Tierbestand wird erhöht, Umbau und Erweiterung. Innerhalb eines Jahres verdoppeln sich die Besucherzahlen von 10.851 auf 22.267
1938: Tierpark wird ins Reichsverzeichnis der Zoologischen Gärten und Tiergärten aufgenommen. Der Stadtrat lehnt Tierpark-Erweiterung ab
1939: Tod des Tierpflegers Firsching, Otto Schmitt wird der Nachfolger
1940: Vereinsvorstand stellt seine Ämter zur Verfügung. Die Leitung übernimmt provisorisch Stadtrat Dr. Huppmann.
1941: 1. April: Verein löst sich auf. Stadt Schweinfurt übernimmt den Tierpark. und schmiedet große Ausbaupläne.
1942: Verpachtung an Gottfried Malter, Tierschaubesitzer aus Berlin. Aufbau von Vergnügungseinrichtungen
1944: 13. August: Tiergarten wird nach einer Bombardierung aus Sicherheits- und Luftschutzgründen geschlossen
1946: Die Stadt Schweinfurt löst die Verpachtung und schreibt eine Tierpflegerstelle aus
1947: Heinz Heck (München) bietet Planungshilfe an
1948: Bernhard Grzimek (Frankfurt) bewirbt sich als Pächter und Betreiber und entwirft einen Ausbauplan
1949: Tierpark verwaist und verfällt
Ab 1955: Gebäude werden abgerissen (letzte Reste in den 70ern)
Verschiedene Ereignisse hatten sehr negative Auswirkungen auf den Schweinfurter Zoo:
Der erste Weltkrieg und die folgende Weltwirtschaftskrise. 1925 schreibt Vereinsvorstand Huber an die Stadt in einem Zuschussantrag: "Es ist nicht nur der zahlende Mitgliederstand von 600 auf
250 zurückgegangen, es sind uns auch sehr viele, ja die meisten Tiere durch Alter, Krankheit, Unglücksfälle usw. eingegangen."
Negativ auch die Judenverfolgung in der Zeit des Nationalsozialismus: 1933 wurden alle jüdischen Mitbürger aus dem Verein ausgeschlossen.
Schließlich der Zweite Weltkrieg: im Jahre 1944 (24. Februar) wurde der Zoo bei einem Bombenangriff schwer getroffen. Oberbürgermeister Pösl stellt daraufhin der Zoobetrieb
ein.
Flaniermeile und Exerzierplatz
Das Bild - wohl aus der Mitte des 19. Jahrhunderts - zeigt im Hintergrund die Hänge der Mainleite und der Schonunger Höhe. davor sieht man das Wehrwäldchen mit den Gebäuden der Farbenfabrik Gademann, die dort seit 1780 stand. Auf der rechten Seite den See Pfinz, der als Weiher die Wehranlagen schmückt und heute per Pumpe mit Wasser aus dem Saumain versorgt wird. In den 1930ern war dieser See übrigens zugeschüttet und mit einer Bühne überbaut, auf der Musikstücke aufgeführt wurden.
Auf der Wiese in der Mitte exerziert die Landwehr, wohl nicht zu streng, denn in der zweiten Reihe wird einem Soldaten eine Maß Bier gereicht. Das Bierfuhrwerk, das beim Exerzieren nie
gefehlt haben soll, ist bereits vorgefahren. Zuschauer flanieren entlang diesem "Spektakel", das wohl eher Unterhaltungswert hatte.
Artikel über den Schweinfurter Tiergarten und die Vogelsammlung aus der Zeitschriftenreihe "Das Bayernland" 47. Jahrgang Heft 7/8 April 1936 (Ausgabe über Schweinfurt)