Münzfund im Haus Rückertstraße 2 in Schweinfurt Ende Juli 1932
besprochen von Oberstudienrat Richard Rösel, August 1932
Fotos hinzugefügt von Peter Hofmann
In den Tagen vom 13. bis 21. Juni 1554 erlebte die Stadt Schweinfurt ihre furchtbare Katastrophe, das sogenannte "Stadtverderben". Der Markgraf Albrecht Alcibiades, ein hochfürstlicher Bandenführer und Mordbrenner, hatte sich durch Tücke und Überrumpelung der Stadt bemächtigt, um sich in diesem Bollwerk gegen seine zahlreichen Feinde, denen er zuvor unendlichen Schaden angetan, zu halten.Als es nicht mehr ging, da die Belagerer übermächtig waren, floh er - vom Kaiser in des Reiches Acht und Aberacht getan - bei Nacht und Nebel vom Fischerpförtlein aus auf einer Schiffsbrücke mit seinen Leuten und gab die Stadt seinen, nicht ihren Feinden preis. Das geschah am 12. Juni nachts nach 22 Uhr. Die Befestigungswerke waren zum Teil bereits zerschossen und so drangen zum Tagesanbruch die Landsknechte des Herzogs von Braunschweig, der Reichsstadt Nürnberg, der Bischöfe von Würzburg und Bamberg, ein stachen tot, was ihnen unter die Hände kam, wobei sie schrien: "Feuer her, stich tot!" "Jetzt kam auch noch, da es das Feuer und den Rauch im Land gesehen, das unbarmherzige Landvolk in ganzen Haufen herzu und half gewaltig bis in den neunten Tag plündern und brennen." Es waren das Bauern aus dem Umkreis von Schweinfurt, die vorher von den Landsknechten und Reitern des Markgrafen, sowie von allerhand losem Gesindel aus der Stadt bös heimgesucht worden waren. Wer von den Bürgern es noch konnte, flüchtete, so Olympia Morata im Hemd mit ihrem Gatten, die vor ihrem frühen Tod uns noch die traurige Geschichte ihrer Flucht beschrieben hat. Aber der Hauptberichter dieses Stadtverderbens ist der wackere Kilian Göbel, seines Zeichens ein Wollenweber, der sich von 1554 bis 1586 als Ratsherr, Bürgermeister und Reichsvogt den Beinamen "restitutor reipublicae Suinfurtensis" eines Wiederherstellers der Reichsstadt Schweinfurt verdient hat.
Ende Juni sammelten sich die Bürger wieder "von den vier Orten der Welt" auf den Schutthaufen und fingen an den Schutt aufzuräumen, "da war ein solcher Gestank allenthalben in der Stadt, wie wohl zu glauben, besonders an den Schanzen, so mit allerlei, als mit Roßmist und Erden gebaut worden, welche bis in die vierte und fünfte Woche gebrannt". Sie lebten einstweilen in den Kellern. In der erhalten gebliebenen Sakristei der Johanniskirche wurde die erste Stadtsitzung abgehalten. Zu allem Unglück brachen auch , was nicht zu verwundern ist, Krankheiten aus und es kam ein großes Sterben über die Stadt, durch das die dezimierte Bürgerschaft noch mehr verringert wurde; im Jahre 1543 hatte man 766 Bürger gezählt, noch im Jahre 1566 waren es nur 115, also ein Fünftel.
Zu den Opfern dieses Stadtverderbens, sei es, dass er von den Soldaten niedergestochen wurde oder an der Seuche mitsamt seiner Familie umkam, gehört wohl der damalige Besitzer der Münzen, die bei Kanalisationsabeiten im Hofe des Hauses Rückertstraße 2 in einer ganz zersetzten Holzkassette gefunden wurden, etwa 70 cm unter der jetzigen (1932) Oberfläche im Bauschutt; nach 378 kamen sie wieder ans Licht. Sie stammen, soweit sie eine Jahreszahl aufweisen, aus den Jahren 1536 - 1551; der Besitzer hatte sie wahrscheinlich vor den Landsknechten des Markgrafen im Schoße der Erde zu bergen gesucht und ist dann zugrunde gegangen. Es handelt sich um Silbermünzen von verschiedenem Feingehalt, etwa 20 größere Stücke und über 20 kleinere, über die nun berichtet wird.
Deutsche Könige und römische Kaiser waren damals Karl V., 1519 - 1556, dann sein jüngerer Bruder Ferdinand I. 1556 - 1564. Wir finden deshalb "Römisch Kaiserlicher und königlicher Majestät Münzen", wie es in dem neuen Münchner Münzbuch von 1597 heißt, so drei Taler Kaiser Ferdinands (der Taler hatte 17 Batzen oder 68 Kreuzer); die Schriften, stark abgekürzt lauten: Ferdinandus Dei Gratia Romanus, Ungariae Bohemiae, Dalmatiae rex (Hauptseite) und Archidux Austriae, Dux Burgundiae, Infans Hispaniae (Rückseite), ohne Jahreszahl: also Ferdinand, von Gottes Gnaden römischer König, König von Ungarn, Böhmen und Dalmatien, Erzherzog von Oesterreich, Herzog von Burgund, Infant von Spanien. Diese Münze stammt aus der Zeit zwischen 1531 und 1554; 1531 hatte Ferdinand in Aachen die deutsche Königskrone erlangt und leitete seitdem als Stellvertreter seines seines Bruders Karl V. die meisten deutschen Reichstage als "Rex Romanus". Infant von Spanien heißt er als Sohn Philipps des Schönen, des Sohnes von Kaiser Maximilian I., der die kastilisch-aragonische Erbtochter geheiratet hatte. Auf dem zweiten Taler nennt er sich auch noch Rex Croaziae (sic!) also König von Kroatien. Der dritte Taler Ferdinands hat ziemlich die gleiche Inschrift; das vierte größere Stück ist ein Silbergulden Ferdinands mit gleichen Titeln; der Gulden hatte 15 Batzen = 60 Kreutzer.
Taler Typ 2
Wir schließen gleich einen anderen Gulden an, geprägt von der Reichsstadt Nürnberg mit den Inschriften: "Carolus VRomanus Imperator Semper Augustus" Karl V., römischer Kaiser, allzeit Mehrer des Reichs und "Moneta argentea reipublicae Nurnbergensis (sic!) = Silbermünze der Reichsstadt Nürnberg.
Von unserem großen Nachbarstaat, dem Fürstbistum Würzburg, findet sich nur ein größeres Stück, ein Taler des Melchior von Zobel, der von 1544 bis 1558 regierte. Umschrift: "Melchior episcopus Wirzebergensis Franconiae dux", übersetzt: Melchior, Bischof von Würzburg, Herzog von Franken. Auf der anderen Seite: " Carolus V. Romanus Imperator Semper Augustus." Das ist der Bischof, der in den "Grumbachischen Händeln" von einem Dienstmann des fränkischen Ritters von Grimbach, der mit dem Bischof in Fehde lag, ermordet wurde. Grumbach selbst wurde neun Jahre später, eigentlich aus anderen Gründen, auf dem Markt von Gotha gevierteilt, nachdem ihm der Henker zuvor das Herz aus dem Leib gerissen.
Beispielmünzen hierzu:
Um so mehr haben wir sächsische Münzen; aus ihren Legenden kann man einen guten Teil der politischen Geschichte der deutschen Reformation ablesen.
Da haben wir zuerst einen Taler der beiden Linien, der Ernestiner und Albertiner, mit der Umschrift: "Johann Friedrich Elector dux Saxoniae Bu(rggraf) (von) Magd(eburg) = Johann Friedrich, Kurfürst, Herzog von Sachsen, Burggraf von Magdeburg, und "Mauritius, Dux Saxoniae fidus 1544 ANB" = Moritz, der getreue Herzog von Sachsen. Johann Friedrich, der Ernestiner, ist der Kurfürst, unter dem Luther starb, der dann im Schmalkaldener Krieg 1547 bei Mühlberg geschlagen wurde und von 1547 bis 1552 in der Gefangenschaft des Kaisers Karl V. war. Moritz, sein Vetter, Herzog von Sachsen mit der Hauptstadt Dresden, ist der Vertreter der Albertinischen Linie.
Ein anderer Taler der beiden sächsischen Fürsten hat wieder auf der Hauptseite die Umschrift: " Johann Friedrich Elector Dux Saxoniae Burggrav v. Mageburg", die Rückseite bringt eine kleine Änderung: "Mauritius Dux Saxoniae fieri fecit 1543 = Herzog Moritz von Sachsen ließ ihn prägen 1543.
ähnliche Vierteltaler:
Dann findet sich noch ein Taler der beiden Sachsenfürsten mit der gleichen Umschrift, aber ohne Jahreszahl, ein weiterer mit der Variante "Fieri iussit" = ließ prägen.
Die nächste Münze zeigt den Umschwung: der ehrgeizige und skrupellose Herzog Moritz - er fiel dann später, ein Jahr vor dem Schweinfurter Stadtverderben in der Schlacht, in der er den Markgrafen Albrecht Alcibiades schlug, der sich dann wieder nach Schweinfurt flüchtete - verriet die Sache seiner protestantischen Glaubensgenossen, schloss sich im Schmalkaldischen Krieg dem Kaiser an und bekam dafür die Kurwürde, die dem geächteten Johann Friedrich abgesprochen wurde und dessen Lande; für die drei Söhne Johann Friedrichs wurden dann die thüringischen Lande ausgeschieden. Noch im gleichen Jahr 1547 ließ Moritz, seines Erfolges froh, einen Taler prägen, der sich auch hier vorfindet mit der stolzen Umschrift: "Mauritius dei Gratia Dux Saxoniae Sacri Romani Imperi Archimarescaleus et Elector 1547", d.h. Moritz von Gottes Gnaden Herzog von Sachsen, des hl. Römischen Reichs Erzmarschall und Kurfürst. Aus dem Jahr 1548 findet sich ein Taler mit der gleichen Umschrift.
hier entsprechende Vierteltaler:
Ein älteres Stück aus dem Jahr 1536 zeigt wieder die Bilder des Ernestiners Johann Friedrich, der hier Johann II. heißt, und des früheren Albertiners Georgs, des Bärtigen (1471 bis 1539). Es ist das der aus der Reformationsgeschichte bekannte Gegner Luthers, den der Reformator "Meuchler" "Teufelsapostel" und "dummen Junker" nannte. Die Tragik seines Lebens war, dass er fünf Söhne vor sich sterben sehen musste, dass seine einzige überlebende Tochter mit Philipp dem Großmütigen von Hessen, dem Hauptführer der Reformation unter den Fürsten verheiratet war, dass endlich sein präsumptiver (=angenommener) Nachfolger, sein jüngerer Bruder Heinrich noch zu seinen Lebzeiten sich auch zum Protestantismus bekannte, der dann auch wirklich im Herzogtum Sachsen die Reformation einführte; dieses Heinrich Sohn ist dann der mehrgenannte Herzog und seit 1547 Kurfürst Moritz. Der Bärtige heißt Georg, weil er nach dem Tod seiner Gemahlin den Bart wachsen ließ.
Schwer ist dann ein Taler, den die drei Söhne Johann Friedrichs, denen nur die thüringischen Lande geblieben waren, während der Gefangenschaft ihres Vaters im Jahre 1551 haben prägen lassen. Er hat die Umschriften: "Dei Gratia CarolusV. Rom. Imperator Semper Augustus" und "Moneta Filiorum Johannis Friderici senioris Ducis Saxoniae 1551", d.h. Karl V., von Gottes Gnaden Römischer Kaiser, allzeit Mehrer des Reichs, und Münze der Söhne Johann Friedrichs des Älteren, Herzog von Sachsen.
Auch gräfliche Taler sind da, so zwei Stolbergische und ein Oettingischer; der erstere hat die Umschriften: "Georg et Christoph et Wolfgang et Ludovicus, Moneta Comitum a Stolberg et Wernigerode" = Münze der vier Grafen von Stolber, Wernigerode. Der Oettinger Taler zeigt wieder das Bild Kaiser Karl V. mit den schin wiedergegebenen Titeln, auf der Rückseite steht: "Karl Wolfgang Ludwig Martin Comites in Ot" = Grafen in Oettingen.
Auch ein hennebergischer Taler ist da mit der Umschrift: " Fredericus Wilhelmus Dei Gratia C(omes) Henneberg" = Freidrich Wilhelm, von Gottes Gnaden Graf zu Henneberg. Auf der anderen Seite wieder Karl V. mit seinen Titeln.
Brandenburg ist auch nur mit einem einzigen Taler vertreten: Inschrift Bildseite: "Dei Gratia Georg et Albrecht marchiones (de) Brandenburg" = Markgrafen von Brandenburg. Rückseite: "Quis contra nos, si Deus pro nobis" = Wer ist gegen uns, wenn Gott für uns ist?, eine nicht seltene Inschrift.
Beispielmünzen:
Auf einem weiteren Taler ist zu lesen: "AB Austriae dei Gratia" und Rückseite:"L Co" Alles andere ist unleserlich.
Von den kleineren Stücken wären noch zu erwähnen: ein Ortstaler = 1/4 Taler = 17 Kreutzer vom Jahre 1548; wieder von Moritz, Erzmarschall des Hl. Röm. Reiches und Kurfürst; ein Groschen von Johann Friedrich, dem bereits genannten Kurfürsten von Sachsen und Georg II. (dem Bärtigen) mit der Schrift auf der Rückseite: "Grossus novus Ducum Saxoniae = Neuer Groschen der Herzöge von Sachsen (der Groschen hatte 3 Kreuzer)
ähnliche Groschen
Zwei Groschen von König Ferdinand mit nicht ganz gleichen Umschriften: "Ferdinandus Prin(ceps) et Inf(ans) Hispaniae Archidux Austriae comit (sic!) Tirol" = Erzherzog von Österreich, Graf von Tirol. Weiter ein Sechskreuzerstück von Sigismund, Erzherzog von Österreich und Graf von Tirol.
Es ist das nicht der erste Münzfund, der in Schweinfurt entdeckt wurde und wird nicht der letzte sein. Gewiss ist vor dem Stadtverderben, im dreißigjährigen Krieg und in der Franzosenzeit 1796 viel Metallgeld dem treuen Schoß der Erde anvertraut worden. Hoffen wir, dass Umbauten, Kanalisationsarbeiten und andere derartige Gelegenheiten, bei denen die Erde aufgebuddelt wird, noch weiteres altes Münzgut zu Tage fördern.
Rösel