1700 - 1800
Ende des 17. Jahrhunderts und Anfang des 18. Jahrhunderts lebte man in Schweinfurt in einer pseudomoralischen Welt, die von Scheinheiligkeit und Pseudoreligiosität geprägt war. Die Justiz war willkürlich und grausam. Man orientierte sich nach Äußerlichkeiten und der Standesdünkel war unglaublich groß.
Ein gutes Beispiel für die Grausamkeit der Justiz ist in Fritz Lunkenbein's "Geschichte der Stadt Schweinfurt" geschildert. Im Jahre 1693 sei ein Bürger, der einen geistig Verwirrten angestiftet hatte, seinem Vormund einige Waren zu entwenden, zum Tode mit dem Schwerte verurteilt worden und auch hingerichtet worden. Seine Frau, die Entwendetes verzehrt und auch verkauft hatte, sei ausgestellt und des Landes verwiesen worden. Den geistig Verwirrten verurteilte man, den Schaden zu ersetzen, 50 Taler Strafe zu zahlen und zusätzlich eine Zuchthausstrafe abzubüßen.
Den Chroniken nach wurden Kirchenräuber gehängt, angebliche Zauberer oder Hexen verbrannt und bei sehr schweren Verbrechen der Körper an verschiedenen Stellen mit einem Rade zerstoßen. 1708 wurde eine arme Frau wegen Hexerei vor ihrer Hinrichtung mit glühenden Zangen gefoltert, manchen Verurteilten wurde vor ihrem Tode die Hand abgehackt. Es kam auch vor, dass zur Abschreckung der Kopf und die Hand aufgespießt zur Schau gestellt wurden. Bei leichten Vergehen kam man mit einem Arrest im Samtturm oder im Weißen Turm davon.
Ein Beispiel der Scheinheiligkeit schildert Lunkenbein wie folgt: "Am 18. August 1765 starb Kaiser Franz I. Vielleicht 14 Tage oder 3 Wochen nachher erhielt man die Nachricht von dessen Tode und bald darauf sollte die Zeller Kirchweih stattfinden. Man kam nun in die größte Verlegenheit, indem man die Kirchweih nicht ausfallen lassen wollte, aber auch die Trauerzeit einzuhalten hatte. Was tun? Kurz entschlossen feierte man die Kirchweih 8 Tage früher und hielt dann am 17. September den Trauergottesdienst, dem der Rat und die Ratsbedienten in tiefer Ergriffenheit beiwohnten."
Die Geschichte Europas wurde zu Beginn des 18. Jahrhunderts von Spanischen Erbfolgekrieg bestimmt. Sowohl Frankreich als auch Österreich verspürten den Drang, sich Spanien nach dem Tode Karl II. unter den Nagel zu reißen. Schweinfurt wurde hiervon glücklicherweise nicht sehr tangiert. Im Jahre 1702 reiste der Sohn Kaiser Leopolds, der später Kaiser Joseph I. wurde auf dem Rückweg von seinem Truppeneinsatz am Rhein durch, als er auf seinem Weg zurück nach Wien war. Der Einzug nach Schweinfurt am 19. Oktober 1702 war ein großes Ereignis. Die beiden Schweinfurter Bürgermeister ritten Joseph zusammen mit 60 festlich gekleideten Bürgern bis Geldersheim entgegen und schlossen sich dem Zug Josephs an. Vor dem Schweinfurter Tor übergab der Oberbürgermeister Joseph symbolisch den Schlüssel der Stadt und mit dreifacher Geschützsalve zog man am Abend in die Stadt ein. Für das königliche Quartier hatte man am Marktplatz eigens drei Häuser im oberen und mittleren Stockwerk miteinander verbunden. Nachdem sich der König in Schweinfurt 2 Tage lang hatte verwöhnen lassen und mit Geschenken überhäuft wurde, zog er schließlich Richtung Wien weiter, wobei erneut 60 Bürger ihn bis Theres begleiteten.
1704 wurde dann das bayerisch-französische Heer bei Höchstadt und Donauwörth empfindlich geschlagen. Von angeblich 9.000 Gefangenen wurden 200 nach Schweinfurt verbracht, die in der
Liebfrauenkirche (heute St. Salvator), die als Mehlhaus genutzt worden war und deshalb auch Mehlkirche genannt worden war, bis Dezember 1706 untergebracht wurden. Friede zwischen den
Kriegsparteien wurde erst im Jahre 1713 geschlossen.
Mit Schweinfurt ging es wirtschaftlich und auch von der Einwohnerzahl her im 18. Jahrhundert aufwärts.
Im Jahre 1717 wurde die ehemalige Mehlkirche oder Liebfrauenkirche (daher heute der Name Frauengasse) in die St. Salvatorkirche ausgebaut. Dazu hatte man das alte Kirchenschiff abgebrochen, der Chor blieb stehen und entspricht noch heute der alten Liebfrauenkirche. Ein neues, größeres Kirchenschiff ersetzte das alte, der Turm blieb erhalten. Der Umbau erfolgte angesichts der 200-jährigen Jubelfeier der Reformation in Schweinfurt.
Doch war die wirtschaftliche Entwicklung in Schweinfurt durch fehlendes Großkapital und enorme finanzielle Altlasten gehemmt. Anstrengungen, Großhändler nach Schweinfurt blieben trotz des Angebots von finanziellen Erleichterungen und der Anbiederung von Rats- und Ehrenämtern ohne Erfolg. Schuld daran sollen nach alten Chronisten völlig unsinnige, den Handel bestehende Vorschriften in Schweinfurt gewesen sein. Innerhalb der Handelszunft habe es vier Klassen gegeben: Gewandschnitt, Spezereihandel, Eisenhandel und Pfragnerei (Kleinkrämerei). Jeder Händler musste sich zu einer dieser Klassen bekennen und durfte nur Leistungen aus seiner Klasse erbringen. Auch innerhalb dieser Klassen gab es Beschränkungen und Gleichmacherei, die sich als wirtschaftlich falsch erwiesen. In der Fischereiverordnung war beispielsweise festgeschrieben: Die natürliche Billigkeit und Gleichheit erfordert, entgegen dem bisherigen Mißbrauch, dass ein Meister nicht mit mehr als einem Schelch (Schiff mit einer Länge von 12-20m ohne Laderaum) ausfahren und jeder nur gleichviel Reußen, Waidlüfte u. dgl. stecken darf. Bäcker durften z. B: keinen Kuchen herstellen. So fehlte der Stadt die Voraussetzung für eine gesunde wirtschaftliche Entwicklung. Dazu trug auch bei, dass zu jener Zeit die Straßenverbindungen nach Schweinfurt nicht gut befestigt waren.
Ähnlich wie heute war man bemüht, gute Fachkräfte nach Schweinfurt zu bekommen. Als in Salzburg wieder einmal ein fanatisch-katholischer Bischof namens Firmian alle "bösen" Protestanten aus
seinem Bistum jagte kam es zu richtigen Emigrantenzügen von dort nach Preußen, denn Friedrich Wilhelm I., König von Preußen, bot ihnen Asyl an. Zwei große Züge, einmal mit 600 und einmal mit 1300
Personen zogen im Jahre 1732 auf dem Weg dorthin durch die Stadt Schweinfurt, die diese wie Staatsgäste begrüsste und ihnen das Bleiben schmackhaft zu machen versuchte. Es wurde sogar eine
Sonderabgabe von den Schweinfurter Bürgern erhoben, damit die Emigranten fürstlich bewirtet werden konnten. Doch am Ende blieben nur 4 Personen von 1900, nämlich Andreas und Johannes Müller,
Barthel Bach und Ruprecht Moser.
Aufgrund der schlechten finanziellen Ausstattung der Stadt sandte der Rat der Stadt am 24. April 1721 einen Bittbrief an den Reichstag zu Regensburg. Dieses Schreiben finden Sie hier.
In der Folgezeit versuchte man immer wieder, eine eigene Stadtpolizei oder damals "Stadtkompanie" genannt, aufzustellen. Doch immer wieder neue Kosten, die auf die Stadt durch militärische Konflikte des Reiches zukamen, verhinderten dies zunächst. Die Beck'sche Chronik der Stadt Schweinfurt spricht von enormen Kosten, die durch den polnischen Erbfolgekrieg auf die Stadt zukamen, 1734 musste die Stadt ein bewaffnetes Kontingent an den Rhein entsenden und es kam von 1734 bis 1736 zu mehreren Einquartierungen von Soldaten in der Stadt, auch dies verbunden mit erheblichen Lasten. In den darauf folgenden Jahren kam es zu neuen Konflikten mit den Osmanen. Auch hierzu musste die Stadt finanzielle und Soldatenhilfe leisten.
Erst 1739 konnte der Plan der eigenen Stadtkompanie umgesetzt werden. Jeder männliche Bürger hatte die Wahl, in Persona Wehrdienst zu leisten oder aber dies mit 2 Gulden abzulösen und so
wurde diese Abgabe mit der zeit akzeptiert und eine Kompanie von 79 Berufssoldaten entstand in Schweinfurt, die von der großen Mehrheit sehr geschätzt wurde.
Der Tod Kaiser Karl's VI. am 20. Oktober 1740 löste eine Reihe militärischer Auseinandersetzungen aus, denn sowohl Preussen als auch Bayern hatten Ambitionen, sich das geschwächte Österreich einzuverleiben. Der bayerische Kurfürst träumte den Kaisertraum und ließ sich 1742 gar zum Kaiser krönen. Der Traum war schnellstens ausgeträumt, als österreiche Truppen Bayern besetzten und das von diesen eroberte Böhmen zurückerobern konnten.
In Schweinfurt fürchtete man nun auch eine Besetzung und sicherte mehr als zuvor die Tore der Stadt. 1743 drang eine französische Armee bis Aschaffenburg vor, was große Unruhe in der Stadt auslöste, doch wurde diese 1744 bei Dettingen besiegt.
Am 16. September 1744 weilte der Erbprinz von Hessen in der Stadt, der mit 6000 Mann starker Armee dem bayerischen Kurfürsten zu Hilfe kam.
Ende 1744 fand in Schweinfurt aufgrund des österreichischen Erbfolgekrieges die Versammlung des fränkischen Kreises, der sonst in Nürnberg tagte, im Schweinfurter Rathaus statt. Als am 20.
Januar 1745 überraschend Kaiser Karl VII. starb wurden in Schweinfurt große Trauerfeierlichkeiten abgehalten an denen auch die Delgierten des fränkischen Kreises teilnahmen. Der neue Kaiser
schloss mit Österreich Frieden, die Kämpfe mit Frankreich setzten sich fort. Bis zum Jahre 1748, dem Ende des österreichischen Erbfolgekrieges, hatte Schweinfurt noch mehrere Einquartierungen zu
dulden.
1742/45 kam es im Umkreis zu einer großen Viehseuche, die enormen Schaden verursachte. Am 9. Februar 1745 erließ deshalb die Kreisversammlung der Fürsten und Stände eine Verordnung zur Eindämmung dieser Seuche.
In den 50er-jahren des 18. Jahrhunderts wurde Schweinfurt durch die Geschehnisse des Siebenjährigen Krieges stark tangiert. Preußische Truppen kämpften überwiegend erfolgreich gegen die Armee des Kaisers. 1757 und 1758 zogen mehrfach kaiserliche und bayerische Truppen durch das Stadtgebiet.
1758 traf eine preußische Einheit mit 24 "schwarzen Husaren" vor dem Brückentor ein und verlangten eine Bescheinigung, dass die Stadt frei sei von kaiserlichen Truppen. Der Kommandant ritt mit zwei Offizieren zum Schweinfurter Rathaus und erhielt die gewünschte Bescheinigung. Die Begegnung verlief freundlich.
Am 19. Mai des selben Jahres kam eine preußische Truppe mit 280 Mann vor das Brückentor und verlangten Einlass, den man gewähren musste. Vom städtischen Bauamt als auch von Privatpersonen beschlagnahmten sie Pferde und Ochsen. Daraufhin zogen sie wieder ab. Im gleichen Monat weilten einige Tage französische Truppen in Schweinfurt.
Am 26. November 1762 schließlich erschienen 60 preußische Soldaten vor dem Obertor. Als man beriet ob man sie hereinlassen soll, sprengten diese bereits das Gatter am Obertor und marschierten in die Stadt. Sie forderten 16.000 Taler Kriegssteuer. Der Rat erklärte, nur 4.000 zahlen zu können und bat auf den Rest zu verzichten. Man nahm daraufhin zwei Geiseln mit zum Kommando nach Bamberg, Konsul Segnitz und Schöffe Schmid. Letzterer durfte erst zurückkehren, als weitere 4.000 Taler gezahlt waren.
Der Siebenjährige Krieg endete 1763 mit dem Frieden von Hubertusburg.
In der zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts schaffte man in Schweinfurt einige Feiertage ab, um die Wirtschaft zu stärken und tatsächlich stellte sich eine leichte Besserung, wobei von 1770 bis 1772 eine große Getreidenot verbunden mit einer immensen Teuerungswelle Schweinfurt hart traf. Dabei hatte Würzburg in dieser Zeit sogar eine Fruchtsperre über Schweinfurt verhängt. heimlich brachte man nachts Getreide und Schlachtvieh in die Stadt, wofür überhöhte Preise gezahlt werden mussten. Ab 1772 änderte sich daraufhin insbesonders die landwirtschaftliche Struktur in Schweinfurt. Der Weinbau wurde zudem durch die Einführung des Kaffees in Schweinfurt zurück gedrängt, den, obwohl in Deutschland schon fast 100 Jahre bekannt, erst 1760 die Sachsen nach Schweinfurt gebracht hatten.
1777/1783 wurde von J. W. Schmidt eine Bleiweißmühle errichtet, das erste derartige Werk in Schweinfurt. Dazu wurde Blei, Essig und Schwerspat benötigt. Letzteren bezog man aus Thüringen, die Fabrikation des Essigs erfolgte in Schweinfurt, wo auch das Blei geschmolzen wurde. Damit war der erste Schritt zur Niederlassung von Großgewerbe in Schweinfurt vollzogen. Weitere fabrikähnliche Anlagen dieser Art entstanden in Niederwerrn und an der Bellevue.
Auch versuchte man in "höheren Kreisen" durch Stftung einer "Lesegesellschaft" mehr Kultur in Schweinfurt aufleben zu lassen. Diese Lesegesellschaft aus studierten Männern traf sich zum
Vorlesen und Lesen klassischer Werke wie Lessing und Schiller. Letzteren versuchte man sogar hinzu zu ziehen, indem man ihm eine Ratsherrenstelle und die Hand einer prominenten Bürgerstochter
anbot - vergeblich.
Doch der Rat der Stadt Schweinfurt hielt immer noch an einer höchst merkwürdigen Politik fest, die bei Schweinfurts Bürgern zu großer Unzufriedenheit führte.
In der Rechtsprechung hatte sich zwar ein Wandel weg von Grausamkeiten eingestellt und der Scharfrichter wurde 1748 entlassen, jedoch mit einer echten Klassenjustiz, denn Strafen wurden um so milder, je höher der Straftäter gesellschaftlich stand.
Lunkenbein schildert dies in seiner "Geschichte der Stadt Schweinfurt" so: "So wurde z.B. im Jahre 1746 für einige Weibspersonen, die wegen Diebstahl angeklagt waren, eigens ein Dreckkarren gefertigt, den sie durch die Stadt ziehen mussten, eine Strafart, die bisher noch nicht vorgekommen war, während ein Apothekergeselle, der 1752 einen Diebstahl in der Apotheke begangen hatte, nur Landes verwiesen wurde. Eine harte Strafe aber wurde über einen Juden verhängt, der bei einem Diebstahl ertappt worden war; er wurde im oberen Rathaussaal an eine Säule gebunden, durch die Stadtknechte mit Ochsenziemern (Schlagwaffe, die aus einem getrockneten Bullenpenis hergestellt wurde), Prügeln, Ruten und Spießgerten von Haselstauden fast täglich geschlagen, dann zum Staupbesen (Reisigbündel, die Strafe wurde meist am Pranger ausgeübt) verurteilt und nach 39 Streichen auf immer des Landes verwiesen."
Weiter wurde immer offensichtlicher, dass viele Ämter - nicht nur die Ratsämter - genutzt wurden, um persönlichen Profit herauszuschlagen oder gar eingenommene Steuern in die eigene Tasche abzuzweigen.
Zudem verlor sich der Stadtrat immer mehr in völlig unsinnige und oft diskriminierende Maßnahmen. Zum Beispiel regelte er 1780 in einem Gesetz, wer Luxus betreiben dürfe und wer dies nicht darf und teilte die Bürgerschaft in vier Klassen ein:
1. Klasse: Rektor, Konrektor, Ratsaktuar (Schnellschreiber des Rates oder auch Protokollführer), und Kanzlisten
2. Klasse: Vornehme Kaufleute, Oberoffiziere der Stadtmiliz
3. Klasse: Perückenmacher, Handwerker, Schankwirte, Dorfschulzen und Dorfschullehrer
4. Klasse: Handwerksgesellen, Knechte usw.
Für diese Klassen wurde dann geregelt, wie viele Personen sie zur Hochzeit einladen dürfen, wieviel Schüsseln sie dabei auf den Tisch stellen dürften und wie lange das Fest dauern darf. Frauen dritter Klasse durften z. B: keine seidenen Tücher tragen und auch geschenkte nicht annehmen.
Da sage doch noch mal jemand etwas über unseren heutigen Stadtrat!!!!
Im Jahre 1787 fand erstmals der "Schweinfurter Vogelschuß" . Catharina Geiger hat einen solchen "frühen" Vogelschuß aus dem Jahre 1804 in einem Gemälde festgehalten. das wunderschöne Gemälde ist im Schweinfurter Museum für Stadtgeschichte zu sehen.
Dies und vieles unsinnige mehr, das hier aufzuzählen den Rahmen sprengen würde, verursachte zu Recht ein Aufbegehren der Bürger. Misswirtschaft und Klassendenken von gestern führten zu Protesten und - ermuntert durch die französische Revolution im Jahre 1789 - zu Maueranschlägen gegen den Rat der Stadt und seine absurde Politik. Dieser reagierte zunächst mit Prämien von 100 Gulden für die Namen jener, die die Maueranschläge gegen ihn verbreiteten - ohne Erfolg. 1792 schließlich reichte der Achterrat der Stadt und die Handelsvorsteher eine Beschwerdeschrift gegen die Amtsmissbräuche des Rats ein und dieser gelobte Besserung und setzte eine Kommision ein, die sich jedoch nur als Hinhaltetaktik erwies. Null Verständnis hatten fast alle Bürger, als der Stadtrat ein Ansinnen aus Wien abwies, das Reichskammergericht nach Schweinfurt zu verlegen (!). Der Stadtrat, der befürchtete, seine eigene Bedeutung könne unter dieser Maßnahme leiden, stellte seine Eigeninteressen somit erneut über das Wohl der Stadt, was erneut eine Serie von Protesten und Maueranschlägen hervor rief. Doch bevor es zu einem Aufstand kam, hatten die Schweinfurter plötzlich andere Sorgen, denn erneut drangen französische Truppen nach Deutschland ein und bedrohten bald auch Schweinfurt.
Die französischen Revolutionskriege hatten begonnen. Die französische Nationalversammlung hatte eine 'einheitliche und unteilbare Nation' ausgerufen und weigerte sich, die Rechte von deutschen Fürsten auf französischem Boden anzuerkennen. Die Girondisten in der Versammlung forderten die Rheingrenze für Frankreich und damit die Annexion der bestehenden deutschen Gebiete. Zudem empörten sich die Franzosen darüber, dass die rheinischen Kurfürsten Emigranten, vor allem den Brüdern Ludwigs XVI., Zuflucht gewährten und diesen sogar gestatteten, Regimenter zur Bekämpfung der Revolution anzuwerben. So kam es zur unvermeidlichen Auseinandersetzung und zu einem Einfall der Franzosen in Deutschland unter dem Schweinfurt schwer zu leiden hatte. Bis ins Jahr 1797, als am 18. Oktober 1797 ein Friedensvertrag geschlossen wurde, war Schweinfurt immer wieder besetzt, mal von deutschen, mal von französischen Truppen, die alle finanzielle Forderungen und Lieferungen von Nahrungsmitteln forderten. Schweinfurt war danach wirtschaftlich am Ende. Dem Rat fiel nichts anderes ein als all diese Lasten wieder auf seine Bürger abzuwälzen und eigenes Vermögen möglichst wenig anzutasten.
Am 10. März 1798 erschien in Schweinfurt ein Flugblatt mit dem Inhalt: "Patriotisches Projekt zur Rettung der verarmten Stadt Schweinfurt". Darin wurden konstruktive Vorschläge zur finanziellen Gesundung der Stadt unterbreitet wie Verpachtung städtischer Güter oder Verkauf der derselben mit Rückkaufrecht nach 40 Jahren. Dem Rat fiel auch hierzu nur ein, denn Verfasser Obervormundschreiber Rosenbusch mit einem Untersuchungsverfahren zu belasten und damit seine Initiative zu ersticken. Der Rat veranlasste den Verkauf aller Waffen, die sich noch im Zeughaus befanden. Die dort lagernden Kanonen, Feldschlangen, Mörser, 45 Doppelhacken, 8000 Kugeln, 78 Harnische und 300 Sturmhauben brachten jedoch lediglich 7010 Gulden in die Stadtkasse. Auch andere Maßnahmen des Rathauses brachten nicht viel, sodass im Jahre 1799 sich der Stadtrat eingestehen musste, dass diese Maßnahmen nicht einmal die Zinslast der Stadt decken konnten. Also führte er eine Extrasteuer ein und der Bürger wurde erneut belastet.
Napoleon wurde im November 1798 zum Konsul der französischen Republik gewählt und mit ihm wurde der Friede erneut gebrochen. Frankreich trat erneut einen Feldzug gegen Deutschland an und Schweinfurt litt erneut zunächst durch die deutschen Truppen, die sich verpflegen und finazieren ließen. Nachdem die deutschen Truppen aus der Stadt flüchteten, als sich ein französisches Heer der Stadt näherte, zogen erneut französische Soldaten am 29. November 1799 in die Stadt ein. Sie forderten - dies ist erneut ein Beispiel von vielen dieser Art - 27.000 Pfund Brot, 3.000 Kannen Branntwein, 3.000 Rationen Hafer und Heu, 40 Ochsen und 250 Paars Schuhe - alles binnen einer Stunde. Ferner in 25 Tagen noch 5.000 Paar Schuhe, 5.000 Kapotröcke, dazu eine Menge Schmiede- und Wagnerarbeiten (so Lunkenbein, Geschichte der Stadt Schweinfurt). Zum Glück wurde diese Forderung, der man nur teilweise nachkommen konnte, später von einem höheren General wieder relativiert.
Erst am 17. April 1800 verliessen die französischen Truppen endgültig die Stadt. Schweinfurt hatte erneut enorm leiden müssen.
Dokument aus dieser Zeit:
oben: Dokument der Armee von Sembre und Meuse(Maas)
Befehlsstab der Dicisionen
im Hauptquartier in Schweinfurt am 1. August 1796 (14.Thermidor im 4. Jahr der Republik) vereint und unteilbar
Freiheit - Gleichheit -Brüderlichkeit
Der Adjudant General Buquet, Chef der Befehlsstelle der Divisionen, auf Befehl des Generals Kleber, lädt im Namen des Generals, dem Obersten Befehlshaber der Armee von Sembre und Meuse, alle Kommandanten der Beiträge und des Militärs ein, die Briefe die von Ansbach nach Heidelberg über Mergenthal laufen, passieren zu lassen, im Falle einer Besorgnis, diese zu unterstützen....
Buquet