Sammlung der vornehmsten Pflichten und Ordnungen der Kayserlichen und des Heiligen Römischen Reichs freyen Stadt Schweinfurth auf Großgünstigen Befehl eines Hoch- Edel- und Hochweisen Magistrats
Die Stadt Schweinfurt hatte natürlich auch zu früheren Zeiten ihre Vorschriften und Verordnungen, die auch regelmäßig in Buchform ihre Veröffentlichung fanden.
Hier nun ein Exemplar aus dem ehemaligen Familienbesitz der bekannten Schweinfurter Familie Sixt, welches ich kürzlich erwerben konnte.
Ich möchte dieses interessante und auch erheiternde Werk den Besuchern dieser Website nicht vorenthalten.
Einfach unglaublich, was es früher an Vorschriften gab. Wie man sich als Verlobte verhält, wie man heiratet, wie Beerdigungen stattzufinden haben, was bei Ehebruch, Notzucht und Hurerei droht und wie man sich anzuziehen hat und und und........
Für die, die mit der alten Schrift nicht klar kommen, ergänze ich die nachfolgenden Buchseiten anschnittsweise mit Ausführungen in der heutigen Schreibweise und, wenn möglich,
Sprache.
Viel Spaß damit!
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Sammlung der vornehmsten Pflichten und Ordnungen der Kaiserlichen und des Heiligen Römischen Reichs freien Stadt Schweinfurt auf Großgünstigen Befehl Eines Hoch- Edel- und Hochweisen Magistrats allda, aufs Neue revidiert, verbessert und zum Druck befördert. Im Jahr Christi MDCCLXXX (1780)
Gedruckt von Johann Philipp Morich
Rechte Seite:
Wir Bürgermeister und Rat der Kaiserlichen und des Heiligen Römischen Reiches freien Stadt Schweinfurt
lassen hiermit Unsern Bürgern, Einwohnern, Untertanen und Schutz-Verwandten ohnverhalten:
Demnach Uns, nach dem anvertrauten Obrigkeitlichen Amt, nichts wichtigers und angelegenheitlichers sein kann, als unter Unserer lieben Bürgerschaft, Untertanen und Schirms-Verwandten die
allgemeine Ruhe und Ordnung, christlich und Gott wohlgefälligen Lebens-Wandel, Ehrbarkeit, Zucht und Redlichkeit zu erhalten, alles sündige, ungerechte und Gott- und
und Menschen missfällige Wesen, Üppigkeit, Wolllust, Verschwendung und üble Haushaltung hingegen abzustellen, und alles, was nur in dem gemeinen Wesen, Nachtheit, Schaden und Gefahr bringen
könne, möglichst zu verhüten, hiezu nun notwendig gewisse Gesetze erfordert werden, wonach sich die Gerichts-Zwang unterworfene Personen zu verhalten wissen:
Als haben schon Unsere in Gott ruhende Vorfahren, in Kraft der ihnen zugestandenen Obrichkeitlichen Gewalt, Kaiser- und Königliche Privilegien, von jeher gute
Verordnungen zu errichten und publizieren zu lassen, sich zur vornehmsten Sorge und Obliegenheit gerechnet, denen Wir auch bisher, erheischender Notdurft und
Beschaffenheit der Umstände, pflichtmäßig nachgefolget. Nachdem aber die Anno 1720, im Druck erschienene Sammlung derer vornehmsten Pflichten und Ordnungen dieser Stadt, wie auch
die in denen 1730er Jahren hinzugekommene Anhänge, auch die Anno 1764 gedruckte Verordnungen, wie es bei denen Kind-Taufen, Hochzeiten, Leichen, Dienst-Boten und andern zu
halten sei, sich mehrenteils vergriffen haben, also, dass nunmehr die höchste Notdurft erforderte, eine Neuauflage dieser Polizei-Gesetze zu veranstalten. Als haben Wir durch
eine besonders niedergesetzte aus allen löblichen In- und Äußern Rats-Mitteln, auch dem Achter-Stande erkießte Deputation (bedeutet ernannte Abordnung) dieselbe aufs Neue durchgehen, alle Titel,
in wie weit sie noch auf die jetzige Verfassung anwendbar, oder, denen geänderten Umständen nach, zu verbessern, oder abzuändern, auch was sonsten durch publizierte Spezial-Dekrete seit Anno 1720
noch weiter mit einzuverleiben sei, genau erwägen, sodann neue Einrichtung nachher bei versammelten vollen Rat, mit Zuziehung des löblichen Äußern Rats und Achter-Stands, verlesen, und was hieran
zu verbessern, in Überlegung ziehen lassen, hierauf aber dem Druck übergeben, damit ein jeder der hiesigen Gerichtsbarkeit unterworfener und sich hier Aufhaltender, nach diesen
Verordnungen, unter denen darinnen bestimmten Strafen, und, nach Gestalt der Sache, weitern Verbüßungen, sich zu richten wisse.
Dieweilen darunter aber hauptsächlich Unserer lieben Bürgerschaft, Untertanen und Schutz-Verwandten Wohlfahrt und die allgemeine Ruhe und Sicherheit, auch ein denen Christen geziemender Gott
und Menschen gefälliger Wandel gemeint ist. Als tragen wir zu denselben das Obrigkeitliche gute Vertrauen, es werde ein jeder, nebst den Seinigen, mit aller Sorgfalt und Eifer, zu seinem eigenen
und seines Neben-Christen Besten und Sicherheit, nach bestem Vermögen, nachzuleben, den ernstlichen Bedacht nehmen, im widrigen Wir uns vermüssiget sehen, wider die ungehorsame und
widerspenstige, auch vorgesetzliche Übertreter dieser Polizei-Gesetze Uns Unseres Obrigkeitlichen Amts zu gebrauchen, und die Übertreter, ohne Ansehen der Person, zur gebührenden Bestrafung zu
ziehen, allermaßen wir auf jener Beobachtung durch verpflichtete und glaubwürdige Personen eine scharfe Aufsicht tragen, und auf die Übertreter
Übertreter durch Unsere ordinaire Polizei-Deputation alles Fleißes inquirieren lassen werden. Diesen Unsern Verordnungen sind aber nicht weniger auch diejenige, so in hiesige Stadt kommen, solange sie sich allhier aufhalten, und so weit ihre Handlungen dahin einschlagen, hiernächst auch die Ausländer, in Ansehung ihrer unter hiesiger Jurisdiktion gelegenen Güter und Vermögens, sich zu fügen, verbunden und gehalten, des Endes diese Gesetze und Verordnungen durch den Druck zu manniglichs Wissenschaft und Nachachtung verkündet worden. Wonach sich also ein jeder zu achten und für Strafe, Schimpf und Kosten zu hüten hat.
Dessen zu wahrer Urkund ist das allhiesige gemeiner Stadt Secret-Insiegel wissentlich hier beigedruckt worden. So geschehen Reichs-Stadt Schweinfurt den 17. März 1779.
L.S.
Rechte Seite:
Kapitel 1:
I. Huldigungspflicht, so Ihre Kaiserliche Majestät geleistet worden 1
II. Bürgerpflicht 2
III. Erb-Huldigung der Untertanen 5
IV.
Schutz-Verwandten-Pflicht
7
V. Kuratoren-Pflicht bei majorennen
Personen
8
VI. Kuratorenpflicht bei minorennen
Personen
9
VII.
Vormünder-Pflicht
10
VIII. Gemeine Pflicht derer
Bier-Meister
10
Kapitel 2:
I.
Feuer-Ordnung
11
II.Sturm-Ordnung
38
III.
Almosen-Ordnung
42
IV. Herbst- und Umgelder
Amts-Ordnung
50
V.
Geld-Ordnung
60
VI.
Weinberge-Leute-Ordnung
114
Kapitel 3:
I. Vom
Gottes-Dienst
128
II. Von Gotteslästerung, Fluchen und
Schwören
145
III. Von der Pflicht der Eltern, Vormünder und Praeceptoren 150
iV. Von Injurien, Schänden und
Schmähen
156
V. Vom Ehebruch, Notzucht und
Hurerei
170
VI. Verbot des übermäßigen Trinkens und von denen Wirten 183
VII: Von der Nach-Schwärmerei und dem Nacht-Streunen 189
VIII: Von Erlangung des Bürger-Rechts, dann von denen Schutz-
Verwandten 193
IX. Von Hingaben und Hochzeiten überhaupt 201
X. Verordnung wegen der Kind-Taufen 218
XI. Von denen Leich-Begängnissen 227
XII. Verbot wegen des Kleider-Prachts 240
XIII. Von denen Eigenzimmerinnen 244
XIV. Von denen Ehehalten und Dienstboten 247
XV. Verbot unrechter Maaß, Waag und Gewicht 253
XVI. Verbot des Vorkaufs der Eßwaren 255
XVII. Verbot von wucherlichen Händeln und Münzverwechseln 259
XVIII. Verbot des Hausierens fremder Krämer und Juden 261
XIX. Wie sich die Käufer liegender Güter zu verhalten haben 264
XX. Kein Erb- oder liegendes Stück aus der Stadt zu verkaufen, an
Fremde ohne Obrigkeitliche Erlaubnis zu verleihen, oder zu
versetzen, auch kein Haus, Scheuer, oder Hofstatt zu zertrennen
oder zwei in eine zusammen zu ziehen 265
XXI. Von der Einstands-Gerechtigkeit und und Vorkauf, so dem
Magistrat
zustehet
267
XXII. Von Lehen-Gütern und dass keine Güter aufs neue zu be-
schweren, oder frei zu
machen
268
XXIII. Art-Äcker sollen Fremden nicht verliehen, auch keine
Düngung aus der Stadt hinaus verkauft werden 270
XXIV. Keinen Art-Acker zu einem Weinberg, und keinen Weinberg
zu einem Art-Acker zu machen 272
XXV. Unbezahlte und versetzte Güter, ohne Vorwissen und Consens
der Creditoren, nicht wieder zu verkaufen, und wenn solcher
Verkauf verjähret wird. 273
XXVI. Der Gemeinde über Rain und Stein in der Stadt und auf
dem Feld nicht zu entziehen 275
XXVII. Die Contractus betreffend 276
XXVIII. Die Obrigkeitliche Schuldigkeit fördersamt zu bezahlen 286
XXIX. Mit was für Strafen die mutwillige Falliten zu belegen sind 294
XXX. Die Contracte mit denen unter ihrer Eltern, oder Curatoren
Gewalt stehenden Personen betreffend
296 XXXI. Von denen
Juden-Contracten
297
XXXII. Von Satzung der Feld-, Äcker- und Weinberge-Löhne 304
XXXIII. Keinen Schaden an den Feld-Gütern zu tun 305
XXXIV. Vom Hasen-Schießen, Fisch- und Vögel-Fangen 309
XXXV. Vom Obst-, Eichel-, Ähren-Lesen, Getreid Zehend und der
Dieberei 310
XXXVI. Vom Gespinst-rösten und dörren 314
XXXVII. Von der Reinlichkeit auf den Gassen 315
XXXVIII. Vom Mahlen in der hiesigen Mühle 318
XXXIX. Von denen klopfend und übelriechenden Handwerkern 320
XL. Vom Bauen 322
XLI. Vom Viehhalten und von denen Ställen 324
XLII. Von denen Handwerks-Ordnungen 326
XLIII. Wie sich die Bauern im Fahren verhalten sollen 327
XLIV. Von der Tor-Sperre 328
XLV. Von denen Metzgern und ihren Hunden 330
XLVI. Von denen Holzbackern 333
XLVII. Von Haltung schädlicher Tiere und
Hunde
335
Kapitel I.
Von verschiedenen Pflichten
1. Huldigungspflicht, welche ihre Kaiserliche Majestät Joseph I. sowohl von einem hochedlen Magistrat, als auch der gesamten Bürgerschaft, den 15. September, im Jahre 1703, abgelegt werden.
Dem Allerdurchläuchtigsten, Großmächtigen und Unüberwindlichsten Fürsten und Herrn, Herrn Josepho, Römischer Kaiser, unserm allergnädigsten rechten Herrn, hulden und schwören wir,
Bürgermeister und Rat und ganze Gemeinde und Bürgerschaft, dieser Iher Kaiserlichen Majestät und des Heilgen Reichs Stadt Schweinfurt, getreu und gehorsam zu sein. Ihrer Kaiserlichen
links:
Majestät Frommen und Bestes zu werben, und Schaden zu warnen, und alles das zu tun, das getreue und gehorsame Untertanen Ihrer Kaiserlichen Majestät, als ihrem Allergnädigsten rechten Herrn, schuldig und pflichtig zu tun sind, getreulich und ohne alle Gefärdung, als hilf uns Gott und das heilige Evangelium.
II. Bürgerpflicht
1. Ihr werdet geloben und schwören, dass ihr Herrn Bürgermeister und Rat dieser des Heiligen Reichs Stadt Schweinfurt, als euer vorgesetzten ordentlichen unmittelbaren Obrigkeit, wollet gehorsam, getreu, hold und gewärtig sein, deroselben und gemeiner Stadt Ehre, Nutz und Frommen, nach eurem besten Vermögen, getreulich befördern, Unehr, Nachteil und Schaden warnen, , verhüten und verhindern.
2. Eines Hochedel und Hochweisen Rats Statuten, Polizei, Gebot und Verbot, jetzigen und künftigen, besten getreuen Fleißes gehorsam leben und nachkommen.
3. Euere Beet, Steuer, Umgeld und andere schuldige Gebühr, zu rechter Zeit entrichten, und hierin einige vorsätzliche mutwillige Verzögerung nicht
gebrauchen.
III: Almosen - Ordnung
§ 1
Nachdem sowohl die natürliche, als Christen-Pflichten erfordern, denen dürftigen, elend- und presshaften, besonders solchen Personen, welche ohne ihr Verschulden in dergleichen unglückliche Umstände geraten, nach Notdurft, unter die Arme zu greifen, das Betteln aber auch öfters von liderlich und verschwenderischen Leuten und Müßiggängern, welche zur Arbeit nach Kräften genug haben, auf Mutwillen gezogen wird, besonders die Kinder durch das Gassen-Betteln zum Faulenzen, Näscherei, Spielen und Dieberei, und allen Arten der Gottlosigkeit, nicht selten verleitet werden, daher vorlängst die weisesten Regenten zur Vorbauung (Vorbeugung gegen) dieses Unheils in diesen Landen gute Verordnungen ergehen lassen; als ist nicht weniger in allhiesiger Stadt, zur Versorgung der Armen, hingegen auch Abstellung des schädlichen Gassen-Bettelns, durch mehrfältige Ratsbeschlüsse nachstehende Einrichtung getroffen worden, worüber auch künftighin alles Ernstes gehalten werden solle.
§ 2
Es pflegen nämlich insgemein die arme in drei Klassen, als hiesige Haus-Arme, fremde, abgebrannte, vertriebene, oder sonsten verunglückte Personen, und dann die Handwerksburschen eingeteilt zu werden.
Damit nun einem jeden von diesen etwas beigesteuert werden könne, obwohl, zur Folge der allgemeinen Reichs-Gesetze, und in specie (im Besonderen) des Hochlöblich Fränkischen
Kreises
verbüßen, und sollen alle und jede Personen, so vor Unser Stadt-Gericht gefordert werden, persönlich und nicht durch Anwälte, unter ebenmäßiger Strafevon sieben Schillingern, ohne Unterscheid, erscheinen. Daferne aber jemand, wenn er gefordert wird, um ehrhafter und erheblichen Ursachen willen nicht erscheinen könnte, oder nicht zu Haus wäre, solle er durch die Seinige ein solches gebührend anmelden, und deswegen bei dem Herrn Ober-Amts- oder Herrn Unter-Bürgermeister sich entschuldigen.
Tit. V.
Vom Ehebruch, Notzucht, Hurerei
Art. I
§ 1
Demnach Wir auch keinen wissentlichen Ehebruch, uneheliche Beiwohnung, noch die ärgerliche Hurerei, Sodomiterei und dergleichen, öffentlich, oder heimlich, bei Uns und Unserer anbefohlenen Bürgerschaft, Untertanen, Schutz-Verwandten, auch allen anderen in Unserer Stadt befindlichen solchen Personen, dadurch dieses Laster verübt werden kann, sonderlich aber leichtfertige Weibs-Personen in Unserer Stadt zu dulden, oder zu leiden, keines Wegs zugeben können.
Als setzen und gebieten Wir hiermit ernstlich, dergleichen leichtfertige Personen nicht zu hausen oder zu beherbergen, auch kein Haus, oder Wohnung ihnen zu verleihen, noch sonsten sie zu unterhalten, bei zehn Gulden Strafe.
§ 2
Damit auch alle Veranlassung zu dergleichen Leichtfertigkeit angestrickt werde, untersagen und verbieten Wir, dass ledige Weibs-Personen in einem Haus, wo kein eingesessener Bürger innen wohnt, wie hier unten von denen Eigenzimmerinnen weiter verordnet ist, es wäre denn, auf Unsere sonderbare Erkenntnis, erlaubt, allein wohnen, und sollen sie entweder im Dienste bei andern angewiesen, oder ausgeschafft werden.
Wir gebieten auch hiermit auch allen unseren Bürgern, Bürgerinnen und Untertanen, die mit verdächtigen und verleumdeten Personen haushalten, oder solche bei sich wohnend hätten, solche
alsobald von sich und aus ihren Häusern weg zu schaffen, bei ebenmäßiger Strafe und Buße von zehn Gulden, oder, wo darüber solche Personen halsstarriger Weise aufgehalten würden,
bei Verlier- und Entsetzung der Ehren, und derselben leichtfertigen Personen Relegation und Verweisung aus der Stadt, und Unserm
Obrichkeitlichen Gebiete, diejenige aber, so sonsten in offenem Ehebruch begriffen
und dessen überwiesen werden, wollen Wir, vermög Kaiserlichen Rechten und Satzungen, am Leben, Leib und Gut, nach Gelegenheit der Personen und Überfahrung, mit Ernst ohnnachlässig zu strafen, Uns vorbehalten haben.
Daferne einer, oder eine, im doppelten Ehebruch, ergriffen, und dessen überführt würde, solle solche Person, nach befindenden Umständen wie auch der Personen und Sache, wenn das beleidigte Ehe-Genoss nicht für das andere bitten, demselben verzeihen, und ferener ehelich beizuwohnen, sich anbieten würde, mit dem Staup-Besen, auch der ewigen Landes-Verweisung aus Unserer Stadt und Gebiet, abgestraft, wo aber das beleidigte Ehe-Genoss dem an ihm treulos gewordenen verzeihen, und ihm ferner ehelich beizuwohnen, gerichtlich sich erklären würde, mit einer proportionierten Geld-Summa gestrafet, daneben, dieses gegebenen Ärgernisses wegen, zur Kirchen-Buß und öffentlichem Vorstand inner und außer der Kirchen angewiesen. Daferne aber vorgemeldete Geld-Summa nicht erlegt würde, mit Verweisung aus hiesiger Stadt und Dero Gebiete, (welches Falls auch das intercedierende unschuldige Ehe-Genoss dem ihm treulos gewordenen mit wesentlicher Wohnung zu folgen schuldig ist) gestraft, der einfache Ehebruch aber, oder simplex Adulterium (bedeutet ebenfalls einfacher Ehebruch), mit einer ledigen Person, welche entweder durch listige Worte und Schenkungen sich hierzu verleiten lassen, und hierzu ihren Willen, oder wohl selbsten Anlass gegeben, mit zeitlicher Relegation aus diesiger Stadt gestraft werden.
Wo auch aus solchem Ehebruch und Beischlaf ein lebendiges Kind erzielet würde, solle solches, rechtlicher Verordnung nach, bis es sein Brot selbst erwerben kann, von dem Täter, wie im folgenden §4 bemerkt ist, alimentiert und versorgt, die Wiederholung dieses delicti (dieser Tat) aber, zuma in Adulterio duplicato (doppelter Ehebruch), oder einem gedoppelten Ehebruch, mit ewiger Landes-Verweisung, ja am Leib und Leben, wie obsteht, abgestraft werden.
§ 3
Wenn auch jemand eine Weibs-Person, wider ihren Willen und Gegenwehr, schändlich überwältigen und zu Fall bringen, auch dessen gebührend überwiesen würde, so soll er, nach Inhalt der Carolinischen peinlichen Hals-gerichts-Ordnung, vom Leben zum Tod verdammt werden.
§ 4
Soviel aber die aus beiderseitiger Einwilligung vorgehende Schwächung zwischen ledigen Personen, fremden, oder einheimischen, betrifft, wenn eine ledige
Mannes-Person
eine Jungfrau, oder ehrliche Wittib (altes Wort für Witwe), mit Geschenk, oder liebkosenden Worten, ohne ihre besondere Veranlassung und Nachlaufen, zu seinem Willen beredet, auch, unter einem ihr getanen Ehe-Verspruch (Eheversprechen), zu Fall bringt, so solle er, wenn es geklagt, eingestanden, oder sonsten gebührend erwiesen wird, die Geschwächte, mit ihrem und der Eltern, oder ihrer nächsten Freundschaft Consens, zur Ehe nehmen, damit der von ihm zu Fall gebrachten Person sowohl, als dem unechten Kinde geraten sein möge. Will er sich aber, wenn auch die Eltern darein willigen, mit ihr dennoch nicht ehelich trauen lassen, oder, es finden sich sonst erhebliche Ursachen, so solle er ihr, auf Unsere Erkenntnis, wenn auch gleich er ihr vorhero die Ehe nicht versprochen hätte, ein Heirat-Gut, nach Proportion (Verhältnismäßigkeit) des Stands und Vermögens, zu geben, darneben das etwa aus solchem Beischlaf erzeugte Kind, bis es sein Brot selbst verdienen kann, zu alimentieren, schuldig sein, und nichts destoweniger von Obrigkeits wegen, zur Betrafung dieses Lasters, mit einer Geld- oder Thurn-Strafe (Gefängnis), nebst der Kirchen-Buße an einem besonderen Stand in der Kirche, angesehen werden.
Die Alimenta selbst aber werden, hiesigem Gebrauch nach, ordinariae also bestimmt, dass der Schwängerer dem Kind für das erste Jahr zwei Gulden, für das zweite drei Gulden, und also alle Jahre einen Gulden Frl. mehr, bis in das zwölfte Jahr eines Mädgens (Mädchens), und bis in das zwölfte Jahr eines Knäbleins, beides inklusiv, geben, und jedes Jahr voraus zahlen, daneben der Geschwächten drei, bis fünf Gulden, auch, nach dem Stand, noch ein mehreres in das Kind-Bett reichen muss.
Begäbe es sich aber, dass einer von einer Jungfrau, oder denen Ihrigen, zu solchem Schwächen verreizet würde, um dadurch die Verehelichung zwischen beiden Personen desto eher zu Wege zu bringen, und zu veranlassen, dieselbige Dirne, oder deren Helfers-Helfer sollen ebenfalls, um ihrer Leichtfertigkeit und Verreizung willen, mit dem Thurn und abzulegender Kirchen-Buße, ja am Leib und Gut, nach ergiebigen Umständen, gestraft werden, die Manns-Person auch, ihr einigen Abtrag zu tun, keines Wegs, dem aus so getaner Schwächung geborenen Kind aber die Alimentation zu verschaffen, schuldig, auch Uns, dem Rat, die willkürliche Bestrafung des Täters solchen Falls vorbehalten sein.
§ 5
Immaßen denn nicht weniger die gemeine Hurerei mit der Relegation des Huren-Gesindes, oder, nach Befinden der Umstände, mit höherer Strafe
angesehen
und niemand, der also befunden würde, in Unserer Stadt und Gebiet gelitten werden soll.
§ 6
Allen Haus-Vätern und Haus-Müttern, auch Curatoren wird, bei Vermeidung zehn Gulden Strafe, auferlegt, wenn sie an ihren Töchtern, Mägden und Pflegebefohlenen eine Schwangerschaft vermerken, dass sie solche nicht austreten lassen, sondern alsbalden bei Unserm Herrn Ober-Amtsbürgermeister anmelden, welches auch bei denen verdächtigen Manns-Personen zu beobachten ist.
Art. II.
Von denen Heiraten, und wie sich Verlobte aufzuführen haben
§ 1
Damit auch unter verlobten Personen alle Unehrbarkeit, Argwohn und Verdacht eines verbotenen frühzeitigen Beischlafs verhütet werde, so sollen dieselbe, bei fünf Gulden
Strafe von jedem Verlobten, während ihres Braut-Stands, in einem Haus nicht beidsammen wohnen, oder über Nacht bleiben, und, wer solches in seinem Haus dulden würde,
derselbe solle noch besonders mit fünf Gulden Strafe belegt werden.