MECCANICA
MECCANICA
Geräte – Teile
gegr.: 19.06.1984 – 1990 (Auflösung der Gesellschaft 1990)
Gründer: Otto Landgraf (geb. 11.06.1924 / gest. 04.12.2010)
(Initiator)
Rechtsform: M E C C A N I C A Geräte – Teile
Gesellschaft mit beschränkter
Haftung
Standort: 8722 Grafenrheinfeld, Raiffeisenstr. 11
ab 1988: 8720 Schweinfurt, Silbersteinstraße 14
Firmengeschichte (Kurzfassung)
Die Meccanica Geräte – Teile GmbH wurde 1984 gegründet.
Die Schließung des Schweinfurter Nähmaschinenwerkes der Husqvarna (vormals Meister-Werke) war 1983 vorausgegangen. Bei den Meister-Werken und bei Husqvarna war Otto Landgraf als Technischer
Betriebsleiter beschäftigt.
„Ich war damals einfach der Meinung, dass ich noch etwas tun müsste,“ so Otto Landgraf anlässlich eines Besuchs der Schweinfurter Wirtschaftsjunioren im Jahr 1990. Er beginnt mit drei
Mitarbeitern die Produktion im Keller eines Wohnhauses in Grafenrheinfeld. Es folgt die Anmietung und der Umbau der ehemaligen Konservenfabrik Schneider in Grafenrheinfeld.
Nachdem die Mitarbeiterzahl kontinuierlich anwächst, zieht das Unternehmen 1988 von Grafenrheinfeld in das Schweinfurter Industriegebiet.
1990 werden ca. 200 Mitarbeiter beschäftigt.
Schwerpunkt des Produktionsprogramms ist die Herstellung von Teilen und Aggregaten für Stickmaschinen. Daneben stellt das Unternehmen Maschinen für die Krawattenindustrie,
Schuhmacher-Nähmaschinen und weitere Anlagen für spezielle Nähvorgänge her.“
1988 beläuft sich der Umsatz auf ca. 13 Mio. DM bei ca. 140 Mitarbeitern.
Die Firma wurde 1990 aufgelöst.
(©AKI2015/Fiedler-Firma015K)
Firmengeschichte (Langfassung zur Fortschreibung)
Unternehmen
Die Meccanica Geräte – Teile GmbH wurde 1984 gegründet.
Die Firma der Gesellschaft ist als Sachfirma gebildet (Sachgründung).
Registereintragung mit Schreiben von Amtsgericht Schweinfurt vom 19.06.1984:
Firma M E C C A N I C A Geräte - Teile
Gesellschaft mit beschränkter Haftung
Raiffeisenstr. 11
8722 Grafenrheinfeld
Standorte:
8722 Grafenrheinfeld, Raiffeisenstr.
11
ab 1988: 8720 Schweinfurt, Silbersteinstraße 14
Die Sachgründung umfasste für den Umbau der angemieteten ehemaligen Konservenfabrik Schneider in Grafenrheinfeld Investitionen in Höhe von 340 000 DM und für Maschinen ca. 550 000
DM.
Der in 1988 bezogene Neubau in der Silbersteinstraße 14 ist Eigentum der Firma Meccanica.
Unternehmer / Geschäftsführung
Gesellschafter der Firma Meccanica-Geräte-Teile GmbH in Grafenrheinfeld bei Schweinfurt sind die Herren Walz und Micheletti aus Krefeld.
Als bedeutendste Abnehmer der Zangs-Produkte war für die Herren Walz und Micheletti eine Lücke entstanden, als dieser bedeutende Hersteller von Stickmaschinen die Tore schloss. Es musste ein
Ersatz geschaffen werden. So wurden 1984 die Firmen ZSK und Meccanica gegründet.
Die Firma ZSK (ZSK Stickmaschinen GmbH) in Krefeld existiert heute (2015) noch und kann auf eine über hundertjährige Erfolgsgeschichte im Textilmaschinenbau zurückblicken.
In einem Interview mit der Deutschen Nähmaschinenzeitung (DNZ Nr. 2/1985, Seite 28/29) erläuterte Herr Otto Landgraf seine Beweggründe bei der neugegründeten Firma
Meccanica-Geräte-Teile GmbH die Position eines Geschäftsführers zu übernehmen.
„Schließlich kam ich zu dem Entschluss, doch einmal zu prüfen, ob ein Zulieferant für die Firma ZSK existieren könnte. Das Budget machte deutlich:
auch eine kleine Firma kann mit schwarzen Zahlen arbeiten, ist lebensfähig.
Mein Vorschlag fand bei der ZSK-Geschäftsleitung und bei den beiden Gesellschaftern das nötige Verständnis. Am 19. Juni 1984 war es dann soweit.
Die Firma Meccanica-Geräte-Teile GmbH wurde aus der Taufe gehoben.“
⁃
Der „Unternehmer Otto Landgraf“ schaut bei seiner Entscheidung zur Gründung der Meccanica optimistisch in die Zukunft und beurteilt die Aussichten auf dem Markt gut, da es in
Deutschland nur einen Konkurrenten gibt und die Gesellschafter der ZSK, die 70 bis 75 Prozent der Produktion abnehmen, mit denen der Meccanica identisch
sind.
Die weitere Zielsetzung von Otto Landgraf bis Ende 1984 eine funktionstüchtige und lieferfähige Nähmaschinenfabrik (wenn auch die kleinste in Europa) zu gründen, gelingt
ebenfalls.
Otto Landgraf als Mitarbeiter, Geschäftsführer und Unternehmer
Otto Landgraf ist ein „Unermütlicher“. Er war 27 Jahre Betriebsleiter, zunächst bei den Meister-Werken und dann bei Husqvarna in der Niederwerrner Straße.
Als die Schweden das Werk schließen, ging Landgraf in den vorgezogenen Ruhestand. Doch schon bald fragten Kunden in der Privatwohnung in Dittelbrunn wegen Reparaturen nach.
Landgraf beschäftigt ehemalige Mitarbeiter, pachtet dann in Grafenrheinfeld eine ehemalige Konservenfabrik, sucht Geldgeber, und so entstand schließlich eine neue Stickmaschinenfabrik an der
Silbersteinstraße im Schweinfurter Hafen, die über 200 Beschäftigte hat.“
Otto Landgraf erhielt die zweithöchste Auszeichnung der Stadt, die Stadtmedaille, im Dezember 1991 vom OB Kurt Petzold für seine „Verdienste um die Wirtschaft, um die Lebenskräfte der Stadt“,
verliehen.
Mitarbeiter
Wieder ihrer gewohnten Arbeit nachgehen konnten zunächst zwei ehemalige „Husqvarna-Meister“-Mitarbeiter, obwohl Husqvarna 1983 aufgelöst wird.
Sie haben sich später acht Kollegen der jungen Firma „Meccanica“ angeschlossen, die Teile und Maschinen von Husqvarna aufgekauft hat und jetzt Industrienähmaschinen herstellt.
Mit der Werksschließung 1983 verlieren 160 Mitarbeiter ihre Arbeit.
Das war der eigentliche Anlass für den Husqvarna-Betriebsleiter Otto Landgraf, über Hilfe nachzudenken. Besonders angesichts der großen sozialen Härten bei den älteren Arbeitnehmern, für die
kaum eine neuer Arbeitsplatz vermittelbar ist.
Dank guter Kontakte zu den Abnehmern der Nähmaschinen gründet er die Firma Meccanica Geräte-Teile GmbH, in der schon zehn der ehemaligen Husqvarna-Mitarbeiter wieder einen Arbeitsplatz
gefunden haben.
Bis Ende 1985 plante Landgraf 40 bis 50 Arbeitsplätze.
1988 werden bei Meccanica ca. 200 Mitarbeiter beschäftigt.
Nach Aussage von Otto Landgraf ist die Stärke des jungen Unternehmens:
Das Fachwissen, die Flexibilität und das Engagement der Mitarbeiter.
Fertigung
In der Fertigung sind neben modernsten CNC-gesteuerten Anlagen auch Maschinen vorhanden, die bereits bei den Meister-Werken im Einsatz waren.
Bereits im September 1983 wurde eine Planung erstellt, die vorsah, die Produktion für die Firma Zang (Stickmaschinenhersteller) über die Werksschließung hinaus laufen zu lassen. Der Betrieb
war als Zweigniederlassung der Fa. Zangs konzipiert. Für die Produktionsplanung wurde ein Volumen angenommen, das in etwa 28 produktiven Beschäftigten entsprach.
Die Firma Meccanica übernahm tatsächlich die Aufgabe, die früher Husqvarna für Zangs besorgte: Herstellung der Stickmaschinen-Oberteile. Die 27 Mitarbeiter kommen
alle von Husqvarna und sind bestens vertraut mit ihrer neuen/alten Aufgabe.
Der Maschinenpark mit fast 100 Einheiten kann sich (Stand Februar 1985) nach Aussage von Otto Landgraf bereits sehen lassen, da fast alles vorhanden ist, was zu einer mechanischen
Bearbeitung benötigt wird um einen kostengerechten Fertigungsablauf zu gewährleisten.
Die Einweihungsfeier für den Neubau am neuen Standort in der Silbersteinstraße findet am 4. November 1988 statt.
In den eigenen Gebäuden am neuen Standort 1988 verfügt Meccanica über folgenden Maschinenpark:
Das Kernstück der Fertigung ist die CNC-Halle mit 9 Bearbeitungszentren.
Darüber hinaus besteht eine umfangreiche Kleinteilefertigung mit NC-Fräsmaschinen, Verzahnungsmaschinen, Schleifmaschinen und Honmaschinen.
Produkte
Das Betätigungsfeld ist vorrangig die Zulieferung für die Stickmaschinenindustrie.
Meccanica produziert dabei nur die Stickmaschinenoberteile, während bei der Firma ZSK in Krefeld die kompletten Kleinstickmaschinen entstehen. In Krefeld werden die robusten Geräte zu
Kleinstickmaschinen mit eletronisch-hydraulischer Steuerung und Programmierung zusammengestellt.
Daneben stellt das Unternehmen Maschinen für die Krawattenindustrie, Schuhmacher-Nähmaschinen und weitere Anlagen für spezielle Nähvorgänge her.
Weiteres Standbein ist also die Herstellung und Montage von Nähmaschinen, Nähautomaten und Geräten für die Textilindustrie.
Soziales
„Hilf dir selbst, so hilft dir Gott“. Dieses Sprichwort kann man getrost über diese Firmengründung setzen, die in engem Zusammenhang mit der Auflösung der Schweinfurter
Nähmaschinenfabrik Husqvarna-Meister steht.
Durch den Liquidationsbeschluss des schwedischen Mutterkonzerns sind 160 Arbeitsplätze verlorengegangen.
Otto Landgraf attestierte dem Schweinfurter Arbeitsamt in der (Vor-)Gründungsphase der Firma Meccanica ganz unbürokratische Hilfe. Sein Engagement allerdings bedarf der besonderen Erwähnung.
Er konnte die beiden Gesellschafter der ZSK Stickmaschinen Gesellschaft mbH in Krefeld dafür interessieren, in Schweinfurt „einzusteigen“, war doch trotz der Schließung von
Husqvarna immer noch die Nachfrage nach Industrienähmaschine vorhanden.
Otto Landgraf stürzte sich mit der Gründung der Firma Meccanica in ein Organisations-Abenteuer.
Herr Landgraf hat sicherlich mit seinem Wirken und seiner Risikobereitschaft eine Vielzahl gekündigter Mitarbeiter vor Arbeitslosigkeit und sozialem Abstieg bewahrt.
Sonstiges
Otto Landgraf war nicht nur ein begnadeter und bekannter Know-how-Träger der Nähtechnik, sondern auch Sammler von Nähmaschinen.
Er trug Nähmaschinen zusammen, die heute im Stadtmuseum Gerolzhofen ausgestellt sind. Die Stadt Gerolzhofen hat ein Nähmaschinenmuseum aus dem Nachlass von Otto
Landgraf eingerichtet mit dem Titel „Welterfolg Nähmaschine / Vom armen Schneiderlein zur Kleiderfabrik“.
Der adäquate Standort wäre sicherlich ein Technik- / Industriemuseum in Schweinfurt, dem ehemaligen Sitz der drei Firmen Meister-Werke, Husqvarna, Meccanica.
(©AKI2015/Fiedler-Firma015L)
Quellen: Archiv AKI