Die Kriegszeiten

Erster  Weltkrieg


Situation vor dem 1. Weltkrieg

Insbesondere die aufblühende Automobilindustrie führte vor dem Krieg zu Erfolgen am Inlandsmarkt und zu einem systematischen Ausbau der Exportverbindungen.   Die  Vereinigten Staaten von Amerika nahmen 60 % der Produktion auf.  Qualitätsstandards hatten der deutschen Wälzlagerindustrie eine vorherrschende Weltmarktstellung gesichert. Am Vorabend des Ersten Weltkriegs verzeichnete Kugelfischer über 800 Beschäftigte.

Werbung in der "Heimatschau" 1934
Werbung in der "Heimatschau" 1934
Versandkontrolle bei Kugelfischer 1914
Versandkontrolle bei Kugelfischer 1914


Situation im 1. Weltkrieg

Im Ersten Weltkrieg stand erstmalig die industriell-technische Leitung gleichbedeutend neben der militärischen Leitung. Bemerkenswert ist auch, dass die Rohstoffknappheit dem material-, schmierstoff- und energiesparenden Wälzlagern endgültig zum Durchbruch in weiteren Anwendungsgebieten verhalfen (Beispielsweise durften alle Vorgelege und Transmissionen nur noch mit Kugellagern betrieben werden). 

Haubitzzünder - Produktion im Ersten Weltkrieg
Haubitzzünder - Produktion im Ersten Weltkrieg

Verglichen mit dem Zweiten Weltkrieg hatte die Kugellagerfabrikation allerdings im Ersten Weltkrieg nicht die rüstungsstrategische und -technische Bedeutung wie im 2. Weltkrieg. In der Hauptsache wurde Ersatzlager für Kraftfahrzeuge produziert. Daneben mußten vor allem Zulieferungen für Munitionsfabriken und die Fertigung von Kriegsmaterial (Rüstungsgüterproduktion) erfolgen.


Situation nach dem 1. Weltkrieg

Die Umstellung auf den zivilen Bedarf und die Friedensproduktion nach Kriegsende war schwierig.

Die Gründe waren:
    ⁃    Auftragsmangel / Verlust des Exports (die Auslandsmärkte nunmehr fest in der Hand eines erstarkten ausländischen Wettbewerbs)
    ⁃    technischer Entwicklungsnachholbedarf
    ⁃    kein offener Weltmarkt (zollpolitisch und subventionsgeschützte Nationalmärkte)
    ⁃    „Wirtschaftsdepression“ (es herrschten Inflation, Abwertung, wirtschaftlich-soziale Spannungen und hohe Arbeitslosigkeit)

Das Werk im Jahre 1927
Das Werk im Jahre 1927

Die Schwierigkeiten wurden überwunden durch: 

    ⁃    Verbesserung und Verfeinerung der Herstellungsmethoden
    ⁃    Erweiterung des Fabrikationsprogramms (FAG Zylinderrollenlager und Tonnenlager eroberten immer neue Anwendungsgebiete)
    ⁃    Neuaufbau einer Vertriebsorganisation in den Abnehmerländern (das Auslands-geschäft erlangte allerdings nicht annähernd die Bedeutung die es vor dem Kriege hatte)
    ⁃    FAG-Qualität setzte sich wiederum durch (auf der Grundlage des hervorragend befähigten, bewährten und leistungsmotivierten Mitarbeiterstammes).

(©AKI/2014/Fiedler-FAG016)


Zweiter  Weltkrieg


Situation vor dem 2. Weltkrieg

Aus dem Kampf um die Selbständigkeit des Unternehmens 1929 ging die Firma gestärkt hervor. Während fast alle deutsche Wälzlagerhersteller von der schwedischen VKF aufgekauft wurden, bleibt FAG Kugelfischer selbständig. Großaufträge aus Russland halfen zu überleben.
Noch im Jahre 1936 startet FAG mit dem Aufbau des ersten Auslandswerkes in Wolverhampton / Großbritannien.
Die Bewirtschaftung für viele Produkte wurde eingeführt, besonders für Stahl, Maschinen und Werkzeuge.
Die wirtschaftliche Lage und Auslastung hatten sich günstig entwickelt.


Situation im 2. Weltkrieg

1939 begann der Krieg. Die Kugellagerfabrikation war von sehr großer rüstungsstrategischer und -technischer Bedeutung.

Ab 1942 wurde intensiv über die Verlagerung der Fertigung aufgrund der absehbaren Luftangriffe innerhalb der damaligen Reichsgrenzen nachgedacht. Die Produktionszahlen hatten aber noch Vorrang.
Dies änderte sich mit den ersten schweren Luftangriffen im August und Oktober 1943 schlagartig. Für die deutsche Wälzlagerindustrie wurde Herr Keßler (Vorsitzender der Bergmann Elektrizitätswerken in Berlin) als Kommissar eingesetzt und mit großen Vollmachten ausgestattet. Jedes Werk bekam einen Beauftragten des Kugellager-Kommissars, der vor Ort verantwortlich war.

In allen Großbetrieben wurden Bunker gebaut (Bunker im Werk Schweinfurt an der Stelle der heutigen Halle D). 1944 waren die ganze Belegschaft (einschl. aller Zwangsarbeiter) bombensicher untergebracht. Die schweren Verluste an Menschenleben verringerten sich dadurch deutlich.

FAG nach Bombenangriff
FAG nach Bombenangriff

Von der Stadtverwaltung und den drei Großbetrieben wurde eine Lebensmittel GmbH für die Belegschaften gegründet. Nach Aussage von Otto Schäfer war dies auch eine große Hilfe für die vielen russischen Kriegsgefangenen und deren Einsatz für den Betrieb.

Zu Leid und Elend, das durch die 15 Bombenangriffe auf die Bürger der Stadt Schweinfurt zukam (Drittes Stadtverderben) verweise ich auf die Ausführungen in den umfangreichen  Veröffentlichungen (siehe Quellenverzeichnis / Literaturverzeichnis). 

Das Luftbild - aufgenommen von einem amerikanischen Bomber - macht deutlich, dass sich die Bombenangriffe auf die Fabrikanlagen konzentrierten


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Situation nach dem 2. Weltkrieg

Das Werk Schweinfurt wurde zu 83% zerstört. Im Krieg waren fast 12.000 Menschen im Werk beschäftigt.

Bis 1948 erfolgte die völlige Demontage des Werkes mit mehr als 4.000 Maschineneinheiten. Das Ende von „Kugelfischer Georg Schäfer & Co.“ schien auch aufgrund des Verbots der Produktion von Kugellagern besiegelt.

In der Zeit von Ostern 1946 bis Februar 1948 war ein Treuhänder als Nachfolger von Otto Schäfer eingesetzt.

Mit dem „Wiederaufbaubefehl“ (Anweisung der amerikanischen Militärregierung vom 30.09.1947) und der Wiederaufnahme der Geschäftsführung durch die persönlich haftenden Gesellschafter Georg und Otto Schäfer am 20.06.1948 (= Stichtag der Währungsreform) waren die Voraussetzungen für den Wiederaufbau geschaffen.

Gleichzeitig mit dem Wiederaufbau begann auch die Rückgewinnung des Marktes, der Wiedereinstieg in die Auslandsmärkte und die Reorganisation des Vertriebsnetzes. 

(©AKI/2014/Fiedler-FAG017)