Dr. Benno Merkle

Dr. Benno Merkle
Dr. Benno Merkle

Benno Merkle wurde am 17. Juli 1872 als Sohn von Johannes Merkle und Adelheid Merkle, geb. Bögle, in Kellmünz in Schwaben geboren. 1876 zog seine Familie nach Kettershausen a. d. Günz, wo Benno Merkle die Volksschule besuchte. Ab 1884 war er Schüler an der Lateinschule und dem Gymnasium in Augsburg und schließlich auch am Dillinger Gymnasium. Die Schulbildung kam als Privatstudent am Gymnasium in Regensburg zum Abschluß.

Nach seinem Militärdienst 1894 und 1895 beim 3. Infanterie-Regiment in Augsburg studierte er in München, musste jedoch aus finanziellen Gründen sein Studium wieder abbrechen.

In der Folgezeit widmete sich Bennos Merkle verschiedenen Tätigkeiten. Er arbeitete in einigen Amtsstellen, so der Sparkasse, dem Krankenhaus und der Baukommission. Er wurde auch wissenschaftlicher Sekretär im Statistischen Amt der Stadt München. Als er schließlich im Jahre 1912 wieder zur Universität zurückkehrte, sah er von einer Fortsetzung seines Jurastudiums ab und promovierte zum Doktor Oecon. Publ. et Pol.

Ab November 1918 bis zum 01. Mai 1919 nahm er eine Aufgabe als Beauftragter für die bayerische Wirtschaft im bayer. Staatsministerium für Auswärtige Angelegenheiten wahr.

Die Ermordung Kurt Eisners am 19. Februar 1919 durch Leutnant Graf Arco-Valley auf dem Wege zur Eröffnungssitzung des neu gewählten Landtages erlebte er aus nächster Nähe mit. Er soll nur drei Schritte von diesem entfernt gewesen sein, als dieser erschossen wurde. In dieser Zeit lernte er auch den Schweinfurter Landtagsabgeordneten Fritz Soldmann kennen, mit dem ihn später eine tiefe Freundschaft verband.

Sehr schwer wurde es für Dr. Benno Merkle, als er nach dem Ende der Räterepublik gefangengenommen wurde und seine Hinrichtung durch Erschießen bereits befohlen war. Ein junger Offizier aus Aschaffenburg rettete ihm damals das Leben.

Wahlanzeige im Schweinfurter Tagblatt am 14. März 1920
Wahlanzeige im Schweinfurter Tagblatt am 14. März 1920

Wohl auf Anraten seines Freundes Fritz Soldmann entschloss sich Merkle im Jahre 1920 für das Amt des Bürgermeisters von Schweinfurt zu kandidieren. Und so wurde er mit knapper Mehrheit von nur 87 Stimmen am 14. März 1920 zum Bürgermeister von Schweinfurt gewählt. In der vorstehend abgebildeten Wahlanzeige ist ausgeführt: "Er ist Mitglied der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands. Aber falsch wäre es, von ihm deshalb Parteilichkeit in seiner Handlung zu erwarten. Diese Eigenschaft liegt ihm ferne. Dr. Merkle ist sich der Schwierigkeit und der Verantwortlichkeit eines Bürgermeisterpostens im vollsten Maße bewußt. Aber was ihn besonders für den Dienst in der hiesigen Stadt befähigt, das sind seine reichen volkswirtschaftlichen Kenntnisse...(es folgen Ausführungen zu seinem Lebenslauf..). Wollt Ihr einen Mann der praktischen Erfahrung, der Verständnis für die Bedürfnisse der breiten Schichten der Bevölkerung hat, dann wählt morgen Sonntag Dr. Benno Merkle."

Der Titel "Oberbürgermeister" wurde Merkle erst Ende des Jahres 1928 verliehen. Dies war der erste Oberbürgermeister seit 121 Jahren!

Am 12. Dezember 1929 wählte der Stadtrat von Schweinfurt Dr. Merkle erneut zum Oberbürgermeister der Stadt Schweinfurt. Durch eine Änderung der Wahlstatuten wurde der Oberbürgermeister nicht mehr durch die Wähler direkt gewählt, was Merkle in seiner Antrittsrede ausdrücklich bedauerte.

Im großen Metallarbeiterstreik im Jahre 1920 wirkte Merkle mäßigend auf die Streikenden ein. Er verhandelte und vermittelte zwischen den Streikenden und den Unternehmern, die alle Streikenden fristlos entlassen hatten, mit Erfolg und konnte die Wiedereinstellung des Großteils der Betroffenen erreichen.

1922 wurde auf Initiative und unter Führung Dr. Benno Merkles in Schweinfurt die Städt. Wohlfahrtspflege eingeführt mit dem Ziel, den Ärmsten der Bevölkerung zumindest eine ärztliche Versorgung zu sichern. Auch führte er Maßnahmen wie Milchverteilung an Kinder sowie Kohlehilfen in strengen Wintern ein.

1 Billion Mark mit Unterschrift Dr. Benno Merkle
1 Billion Mark mit Unterschrift Dr. Benno Merkle

Städtebaulich brachte Dr. Benno Merkle eine Reihe von Projekten auf den Weg. Trotz der schweren Zeiten nach dem verlorenen 1. Weltkrieg und der Superinflation konnten einige Projekte realisiert werden.

Zu Beginn seiner Amtszeit mussten bei vielen Häusern die Abwässer mit Pumpenwagen abgesaugt werden. Das änderte sich in seiner Amtszeit, denn das Abwassersystem bzw. Kanalsystem wurde systematisch ausgebaut und fast alle Häuser konnten nun an ein Abwassersystem angeschlossen werden. Auch wurde eine Kläranlage gebaut.

In die Amtszeit Merkles fällt auch die Planung und der Bau des Ernst-Sachs-Bades. Ernst Sachs hatte zunächst anlässlich seines 50. und 60. Geburtstages insgesamt 410.000 RM zum Bau eines Hallenbades gestiftet. Die Mittel reichten jedoch nicht aus. Merkle konnte im Jahre 1930 Ernst Sachs überreden, das ganze Hallenbad zu finanzieren und der Bau wurde am 08. Dezember 1932 begonnen. Der Grundstein des Ernst-Sachs-Bades soll neben Photos der Familie Sachs auch eines von Dr. Benno Merkle enthalten.

In der Ignaz-Schön-Straße wurde auch die Berufschule in der Amtszeit Merkles gebaut.

 

 

Dr. Benno Merkle bewohnte in der Schultesstraße mit seiner Frau und seinen 11 Kindern die Heimannsvilla, die dem Eigentümer der Heimann Schuhfabrik gehörte. Dort wohnte er bis zu seiner Vertreibung im Jahre 1933.

Merkle hatte mit Fritz Soldmann, Landtagsabgeordneter und Dr. Ludwig Pfeiffer, Schulrat seine engsten Freunde. Seine größten Widersacher waren Wilhelm Bechert, der Oppositionsführer im Rathaus und Dr. Raithel, 2. Bürgermeister und Freund der Nationalsozialisten. Zu Beginn der 30er Jahre begannen letztere mit massiven Rufmordkampagnen, um Merkle aus seinem Amt zu verdrängen. Diese waren jedoch nach eingehender Untersuchung durch die Regierung ohne Erfolg. Nachdem Merkle im Jahre 1923 eine kommunistische Versammlung in Schweinfurt verboten hatte, wurde er von dieser Seite ebenfalls verleumdet und als "Faschistenführer" verunglimpft.

Dr. Benno Merkle, überzeugter Sozialdemokrat, distanzierte sich immer wieder öffentlich von den Nationalsozialisten und insbesondere von deren Antisemitismus. Im Juli 1923 rief er im Rahmen einer Veranstaltung gegen die Nationalsozialisten die Schweinfurter Bürger auf, den jüdischen Mitbürgern gegenüber Toleranz und Solidarität zu zeigen.

An die Spitze der Agitationen der Nationalsozialisten in Schweinfurt stellte sich Ludwig Pösl, der jedoch wegen seiner Rufmordkampagnen gegen Dr. Benno Merkle am 13. Oktober 1931 zu vier Wochen Gefängnis verurteilt wurde.

Als am 31. Januar 1933 Hitler zum Reichskanzler ernannt wurde, war jedoch auch Pösl an seinem Ziel angelangt. Kurz nach diesem verhängnisvollen Tag für Deutschland lobte Merkle noch die Schweinfurter für ihre Disziplin und Gewaltlosigkeit in politischen Auseinandersetzungen. Doch bereits am 09. März 1933 wurde Merkle zusammen mit einigen SPD-Stadträten in "Schutzhaft" genommen und am darauf folgenden Tag wehte die Hakenkreuzfahne am Schweinfurter Rathaus. Merkle wurde nun zum Rücktritt genötigt, den er auch Ende April 1933 erklärte. Als er am 01. Mai 1933 aus der Haft entlassen wurde, kehrte er verständlicherweise Schweinfurt den Rücken, denn die Schweinfurter hatten ihn mehrheitlich völlig im Stich gelassen. Bis auf zwei Söhne Merkles zog die Familie nach Gräfeling bei München. Merkle besuchte auch nach dem Krieg Schweinfurt nur noch zwei Mal.

Nach der Entmachtung der Nationalsozialisten ehrte die Stadt Schweinfurt ihren ehemaligen Oberbürgermeister zu Recht. Am 15. Oktober 1946 benannte sie die Schlageterstraße (von den Nationalsozialisten so einst umbenannt) in Benno-Merkle-Straße. Anläßlich seines 85. Geburtstags am 15. Juli 1957 wurde er schließlich auch zum Ehrenbürger Schweinfurts ernannt. Oberbürgermeister Georg Wichtermann reiste hierzu auch nach Gräfelfing und überreichte ihm in seinem Haus den Ehrenbürgerbrief.

Dr. Benno Merkle starb dort am 30. Juli 1959 im Alter von 87 Jahren.

 

 

Hier noch eine Literaturempfehlung für diejenigen, die mehr über die Geschichte von Dr. Benno Merkle wissen möchten:

 

Benno Merkle - Oberbürgermeister von Schweinfurt 1920 -1933 von Kathi Petersen

Veröffentlichungen des Stadtarchivs Schweinfurt", Nr. 18 (2003)  

ASIN: B0040XHGZU