Das große Fass

nach Gutermann

aus: Bayernheft Nr.21 Schweinfurt und Haßgau

Im schönen Rathaus zu Schweinfurt auf der Diele des 2. Stockes liegt auf einem Holzgerüst ein mächtiges Fass. Auf der Vorderseite ist es mit dem Wappen des alten Deutschen Reiches, einem Doppeladler, geziert. Zu beiden Seiten des Wappens ist folgende Inschrift eingeschnitzt:

 

"Es machten dieses Faß mit Fleiß

die Büttenmeister auf dem Eis

in Schweinfurt, unsrer Vaterstadt,

zu Ehren dem hochedlen Rat."

 

Unter dem Wappen ist zu lesen:

"Denk, wie ein hartes Wunderjahr,

daß selten seinesgleichen war."

 

Dieses Fass soll die Schweinfurter an einen überaus langen und strengen Winter erinnern. Es war im Jahr 1740. Grimmige Kälte herrschte, und der Main war bis Mitte März fest zugefroren.

Da beschlossen die Büttner der Stadt Schweinfurt, zur Erinnerung an den harten Winter auf dem Maineise ein Fass zu büttnern. Am 12. März 1740 fingen sie auf dem Eise beim Bretterhaus (später Kohlengesellschaft) ihr Werk an. Die Büttnergesellen und die -lehrlinge aber machten je ein kleines Fass. Viele Schweinfurter standen dabei und sahen der Arbeit auf dem sonderbaren Platze zu. Nach drei Tagen, am Abend des 14. März, waren die Fässer fertig. Böllerschüsse kündeten die Vollendung der eigenartigen Arbeit. Der Spund des Meisterfasses ward durch die lustigen Büttnersburschen mit bunten Bändern geschmückt. Nun wurden die Fässer auf drei Wagen geladen und unter den Klängen einer Musikabteilung in die Stadt gefahren. Mit großem Gepränge bewegte sich der Zug durch das Mühltor, zog um den Marktplatz herum und hielt dann vor dem Rathaus. Hinter dem Wagen schritt die ganze Büttnerzunft, etwa 50 Personen. Sie trugen in der Hand ihre Bandmesser, auf denen Pomeranzen und Zitronen staken. Das große Meisterstück kam in das Rathaus, wo es heute noch steht. Die zwei kleineren Fässer wurden zwei vornehmen Bürgern der Stadt geschenkt. Der Rat aber verehrte den Büttnern für ihre Arbeit einen großen Silberbecher. Ein fröhlich Gelage beendete die denkwürdige Feier.

Vier Tage später, in der Nacht vom 16. zum 17. März, brach das Eis mit furchtbarer Gewalt.