Der blaue Klaus
Ich kannte ihn ein wenig. Immer wieder lief er einem über den Weg und er war nicht zu übersehen mit seiner einheitlich blauen Kleidung. Ja, die Farbe blau muss ihn fasziniert haben. Ich habe ihn einmal gefragt, warum er nur diese Farbe trage. Eine tatsächliche Erklärung habe ich nicht erhalten. Wer ihm den Spitznamen gegeben hat, ist nicht nachvollziehbar, dochjeder kannte diesen. Jahrelang war der "blaue Klaus" nicht aus dem Schweinfurter Straßenbild wegzudenken und seine Erscheinung faszinierte viele. Doch plötzlich war er, einhergehend mit seiner schweren Erkrankung, nicht mehr gesehen.
Hans-Eberhard Manger hieß er; doch diesen Namen kannte kaum einer, wenngleich fast ein jeder ihn "kannte".
Er wurde am 25.Februar.1937 als viertes Kind des Landwirtes Fritz Manger und seiner Frau Katharina in Würzburg geboren. Nach Angaben derer, die ihn gekannt haben wollen, war er von 1943 bis 1951 Schüler in der Volksschule in Unsleben, danach besuchte er bis 1955 die Landwirtschaftliche Berufsschule in Wollbach und Bad Neustadt/Saale. Die Jahre 1956 bis 1973 verbrachte er seiner Erzählung nach in den USA, und verdiente, so seine Aussage, seinen Lebensunterhalt als Geschirrwäscher.
Nachdem er nach Deutschland in den Raum Schweinfurt zurückgekehrt war, arbeitete er auf dem Kaltenhof oberhalb von Mainberg. Beruflich konnte er wohl nicht in befriedigender Weise
Fuß fassen, doch war ihm das vielleicht nicht Unrecht.
Als der "Blaue Klaus", wie ihn ein jeder nannte, im Jahre 1989/1990 schwer erkrankte, zog er von Schweinfurt nach Bastheim in der Rhön, wo er am 27.Juli 2004 verstarb. Seine letzte Ruhestätte
befindet sich dort auf dem örtlichen Friedhof.
Um den "Blauen Klaus" bildeten sich nach und nach die tollsten Gerüchte, die man fast schon als Legenden bezeichnen möchte:
-Der blaue Klaus sei in Wirklichkeit ein hochrangiger Professor und Entwicklungsingenieur bei der Nasa, im Team von Wernher v. Braun, gewesen. Er habe an der Weiterentwicklung von Atombomben
mitgewirkt. Jeden Tag sei Tag von Dittelbrunn nach Schonungen zu seinem Bruder zum Essen gegangen. Er sei steinreich und habe mehrere Immobilien in Schweinfurt, Würzburg und in den USA besessen!
Der arme "Blaue Klaus isei durchgedreht als er gesehen habe, was seine von ihm mitentwickelten Atomraketen anrichten könnten.
- angeblich habe er mehrere Häuser in Dittelbrunn gehabt und sei "ausgestiegen" als seine Frau starb...“
- dass er durch einen Unfall seine Frau mit Kind verloren habe und dass er dann deswegen so geworden sei...
Nichts davon dürfte der Wahrheit entsprechen.
Dennoch macht seine Eigenart und sein Auftreten diesen relativ wortkargen, aber freundlichen Mann "unsterblich". Angeblich habe sein Vater einst berichtet, sein Sohn Hans-Eberhard sei bei einer Schlägerei mit dem Kopf unglücklich auf den Boden gestoßen und seither aber er sich etwas sonderlich verhalten... Mag sein.
Einige, die ihn besser gekannt haben wollen, berichteten, er sei ein leidenschaftlicher Sammler von Ansichtskarten der Heilig-Geist-Kirche, die er auch häufig besucht haben soll, gewesen.
Weiter habe er Bahnsteigkarten des Schweinfurter Hauptbahnhofs gehortet.
Seine große Vorliebe für die Farbe Blau führte dazu, dass er ausschließlich blaue Blumen am Kaltenhof züchtete sowie viele Arbeitsgeräte entsprechend einfärbte. Auch brachte er aus Amerika
einen Sack mit weißen Turnschuhen mit die er alle(!) blau einfärbte.
Diese liebenswerte „Blau-“ Marotte ließ Hans-Eberhard Manger als „Der Blaue Klaus“ in der Erinnerung vieler Schweinfurter unsterblich werden.
Zu dieser Erzählung erreichte mich noch folgende email, die ebenfalls Kenntnisse zum "Blauen Klaus" enthält:
"Lieber Herr Hofmann,
als „ehemalige“ Schweinfurterin, die seit ein paar Jahren in der Rhön lebt ist ihre Seite für mich immer „Heimat“.
Vielen Dank erst mal dafür.
Als ich jetzt den Bericht über den „Blauen Klaus“ gelesen habe, war ich gebannt, endlich die Wahrheit über ihn zu erfahren.
Ich wohnte von 1975 bis 1980 in Dittelbrun „An der Leithe“ – die grenzt direkt an die Auenstrasse. Und in der Auenstrasse wohnte er.
Wenn wir zur Haustüre heraus sind, hatten wir direkten Blick auf „sein“ Fenster. Und wir wußten immer, ob er zu Hause war, oder nicht; war er zu Hause, hinge eine „Sockenleiter“ aus dem Fenster
heraus. Anscheinend, war er immer „auf der Flucht“. Auch seinen Vater habe ich flüchtig gekannt, man sagte eben „hallo“ und redete mal kurz miteinander. Ich meine er war Besitzer des Wohnblocks
aber zumindest Hausmeister … denn er schimpfte uns immer, wenn wir die Abkürzung zur Edeka über sein Grundstück liefen.
Sein Sohn, der blaue Klaus war nie unfreundlich – aber halt immer in sich gekehrt. Meine Eltern wiesen mich an, ihn, trotzdem er nie antwortete, zu grüßen. Manchmal nickte er …
Er lief tatsächlich täglich von Dittelbrunn bis zum Kaltenhof – meines Wissens war das noch zu der Zeit, wo dort eine Schweinemästerei? unter Führung von Mönchen? war … aber das ist schon soo
lange her …
Der Blaue Klaus gehört zu meiner Kindheit, wie Berry-Eis und Gummitwist.
Vielen Dank für den Bericht
Heike Grom"
M. Fleischhauer als Leser dieser Webseite merkte hierzu noch folgendes an:
"Der "blaue Klaus" ist eine eher unbekannte Zeichentrickfigur von Loriot gewesen; es handelte sich um einen kleinen, gänzlich blau eingefärbten Außerirdischen. Herrn Mangers
Vorliebe für diese Farbe erklärt die Namensübertragung jedoch noch nicht komplett; das Zeichentrickmännchen trug, ebenso wie Herr Manger, regelmäßig eine (meist rote) Mütze. Außerdem landete es
meist
in einer fliegenden Untertasse, eine interessante Analogie zu Herrn Mangers "plötzlichem" Auftauchen aus einer fremden Welt (USA), woraus sich wiederum die im Artikel erwähnten bunten Gerüchte
aufs
trefflichste zusammenphantasieren ließen."