Die Alte mit dem Krüglein
Im Boden unter der Grafenrheinfelder Wiese liegt irgendwo ein Schatz vergraben.
Einst ging ein Bauersmann, der mit seiner Tochter in der Stadt Schweinfurt gewesen war und sich dabei bis in den Abend verspätet hatte, so dass schon bald die Nacht hereinbrach, über diese Wiese nach Hause.
Eilig lief er voraus, dass ihm das Mädchen kaum folgen konnte. Sie mussten beide über einen Steg gehen. Der Vater hatte diesen bereits betreten und die Tochter war noch einige Schritte zurück. Da vertrat dieser ein altes Mütterlein den Weg und diese hielt ein wundersam geformtes Trinkkrüglein in der Hand.
Sie hob es zum Munde der Maid mit dem Bedeuten, dass diese trinken solle. Das Mädchen war ganz erschrocken und wehrte ab, weil ihr solches Begehren auch nicht anstand. Aber die Alte bot ihr immer von neuem an und schien ihr gewaltsam den Trunk aufdrängen zu wollen. Sie redete dabei kein Wort und hob nur zitternd das sonderbare Krüglein dem Mädchen immer wieder vor's Gesicht. Das wurde das Mädchen unwillig und rief: "Lasst mich! Geht fort, ich hab' doch keinen Durst!" Im Augenblick war die Alte mit dem Krüglein verschwunden.
Noch ganz voller Angst eilte die Jungfer ihrem Vater nach über den Steg und erzählte ihm, was ihr begegnet war. Sie fragte auch, ob er die Alte nicht gesehen und ob er sie kenne. Der Vater bleib stehen, schaute sich um, denn er hatte gar nichts gesehen. Dann tadelte er seine Tochter, dass sie nicht einen Tropfen mindestens gekostet. Damit hätte sie ihr Glück gemacht, entweder die Alte zu erlösen, die wohl als Geist umherwandeln müsse und dazu verwünscht sei, oder einen Schatz finden zu können. Denn es sei auf der Wiese nicht geheuer und möge wohl ein großer Schatz auf ihr vergraben sein. Dabei zeigte er auf einen alten Baum nicht weit des Steges und sagte ihr, dass um diesen die Irrlichter des öfteren zu tanzen pflegten.
Die Flur, auf der dieser Baum einst stand, heißt heute noch bei den Grafenrheinfeldern die "Funkeneiche" und leigt im Osten der Gemarkung etwas auf Schweinfurt zu.