Das Ungeheuer in der Hölle
Vor Zeiten ist es im Höllental nicht so ganz geheuer zugegangen. Schon mehr wie einer ist dort in mondhellen Nächten durch feuerspeiende Tiere erschreckt worden. Mancher will da und dort im dichten Buschwerk am Berghang sogar dem garstigen Höllenpudel begegnet sein. Man erzählt sich doch genau, wie er zum ersten Male gesehen worden ist.
Einmal, da erwischten die Leute hinter dem Bach einen argen Bösewicht bei einer grässlichen Untat. Sie konnten ihn noch davon abhalten, nahmen ihn fest und bannten ihn lebendig in eine große Fichte gleich neben der Hölle. Dort sollte er für seine Untat büßen. Die Leute mieden lange diesen Platz. Als man dann nach vielen Jahren den alten Baum fällte, dachte kein Mensch mehr an dieses Ereignis. Aber auf einmal sprang ein zottiger schwarzer Pudel daraus hervor. Sein Geist soll heute noch keine Ruhe haben, denn immer noch spukt dieser garstige Höllenpudel durch die Gegend und sucht seinesgleichen.
Am schlimmsten ist es in der Walpurgisnacht. Wenn es da dunkel wird, versammeln sich nämlich alle Hexenvom Maintal am Höllenbach. Sie reiten auf ihren Besen durch die Luft und vollführen dort einen Tanz, dass einem angst und bange wird. Finden sie einen verspäteten Wanderer, so fegen sie ihm mit dem Besen übers Gesicht und stoßen dabei ein höllisches Gelächter aus. Sind endlich alle beisammen, dann ziehen sie am Hexenbrünnlein vorbei das Höllental aufwärts weit nach Norden bis hin zum Brocken, wo sie alljährlich ihr nächtliches Walpurgisfest abhalten.
Das schrecklichste Untier hauste aber einmal in den alten Steinbrüchen, die man noch heute sieht. Das war ein geschuppter Drache oder Lindwurm mit feuriger Zunge. Wehe dem, der in seine Nähe geriet. Niemand wagte sich mehr in die alten Steinbrüche. Entdeckte ein Fremdling das schlafende Ungeheuer, so floh er voll Furcht, bevor es erwachte. Da man aber nie wusste, wann es richtig schlief, getraute sich keiner, den Drachen zu töten. Eine Wassernixe - manche sagen auch, es wäre eine der verwunschenen Jungfrauen auf der Peterstirn gewesen - hatte das beobachtet und zeigte Erbarmen. Sie war den Menschen wohlgesinnt und half ihnen mit einer List. Eines Tages spielte sie auf einem Muschelhorn, das im Bache lag, lauter süße und sanfte Melodien und schläferte das Untier ein. Einige beherzte Männer bemerkten das sofort, holten schnell Waffen und Speere und töteten den grässlichen Lindwurm.
Heute braucht sich keiner mehr zu fürchten, wenn der gemalte Teufel vor der Peterstirn mit ausgestrecktem Finger den weg hinter ins Höllental zeigt.