Die Sage von den drei Jungfrauen im Schwarzen Loch
Droben beim dritten Wehrwäldchen liegt das Schwarze Loch, ein schmaler, dunkler See mit grünlich schimmernden Wasserpflanzen.
Hier war vor langer Zeit das Schloß eines Wassergeistes, der schon sehr betagt war. Dieser hatte drei junge, außerordentlich hübsche und lebensfrohe Töchter. Sie lebten alle eine recht lange Zeit glücklich und vergnügt miteinander, doch nach etlichen Jahren wurde es den drei Schönheiten langweilig und sie sehnten sich inniglich nach Abwechslung in ihrem Leben.
Eines Samstags abends hörten sie vom Dorfe Sennfeld her fröhliches Singen und Scherzen, Musizieren und lauten Jubel, denn dort hatte die Kirchweih begonnen.
Am Nachmittag des darauf folgenden Kirchweihsonntags nahmen sie all ihren Mut zusammen und bedrängten ihren Vater, er möge ihnen doch einen Kirchweihbesuch gestatten. Dieser lehnte erbost ab; doch die drei Töchter wussten um die Nachgiebigkeit ihres Vaters, wenn sie nur ihren Charme richtig einzusetzen wussten und so kam es, dass er ihnen den Kirchweihbesuch gestattete, doch mussten sie versprechen um 11 Uhr abends wieder zu Hause zu sein. Er drohte ihnen an, sie schwer und hart zu bestrafen, wenn sie sich auch nur im Geringsten verspäten würden. Die Töchter waren überglücklich und versprachen ihrem Vater, pünktlich zu Hause zu sein.
Im Tanzsaal des Gasthauses zur Traube wurde kräftig gefeiert und es ging wahrlich lustig dort zu. Gerade als wieder ein Tanz begonnen hatte, tauchten die drei Schönheiten, bekleidet mit grünen Gewändern auf. Als die anwesenden Gäste die schönen Wasserjungfrauen erblickten, hörte der Tanz sofort auf; selbst die Musikanten konnten einen Moment vor Bewunderung ob der Schönheit der drei Grazien nicht weiter spielen. Alle starrten die bezaubernden Mädchen an und wollten wissen wer sie seien und woher sie kämen, doch sie verrieten es nicht. Schließlich wurde der Tanz fortgesetzt. Alle anwesenden Männer drängten sich um einen Tanz mit den drei Schönheiten und der Tanz ging pausenlos weiter. Doch 15 Minuten vor 11 Uhr verschwanden die drei, um ihren Vater nicht zu enttäuschen.
Am nächsten Tag fieberten die Sennfelder Burschen dem Abend entgegen. Werden die wieder kommen?
Erfreut über die Verlässlichkeit seiner Töchter gestattete der gestrenge alte Wassermann diesen auf deren erneute Bitte, dass sie noch ein letztes Mal die Kirchweih besuchen dürften. Doch drohte er ihnen schreckliche Maßnahmen an für den Fall, dass sie auch nur kurz die gewährte Zeit bis 11 Uhr überschreiten.
Die Sennfelder Burschen begrüßten die drei Töchter mit großer Freude. Jeder wollte mindestens ein einziges Mal mit ihnen tanzen. In einer Tanzpause jedoch verstellte ein junger Mann, der die Zeit mit den Wasserjungfrauen verlängert wissen wollte, die Uhr und stellte sie ein Stunde zurück. Den drei Mädchen kam die Zeit schon recht lange vor, doch beruhigten sie sich stets mit dem Blick auf die Uhr und sie tanzten vergnügt weiter. Als die Uhr 15 Minuten vor 11 anzeigte, verließen sie sofort das Fest.
Der Uhrenversteller wollte nun doch wissen, woher die drei Schönheiten kamen und folgte ihnen heimlich. Und wie erschrak er schließlich, als er diese auf das Schwarze Loch zuschreiten sah.
Mit einem Klatschen und Aufspritzen des Wassers verschwanden sie in dem dunklen Nass und sie waren verschwunden. Neugierig näherte der Bursche sich dem Rand des Gewässers, als er feststellte,
dass das Wasser in wilde Bewegungen geriet und die Wellen gegen das Ufer schlugen. Als das Wasser sich beruhigte stiegen drei große Blutblasen im Wasser an die Oberfläche, die sich langsam dort
verteilten, sodass der See in ein dunkles Rot verfärbt wurde. Der gestrenge Wassermann hatte seine Töchter mit dem Tode bestraft. Seither gab es kein Lebenszeichen mehr aus diesem
Gewässer.