Die Schweinfurter Kupfers aus der Linie der ‚Krawall‘, ließ‘n sich nix g’fall‘ von Günther Hartlieb
Familien- und Schweinfurt-Anekdoten mit deftigen Grahls-Sprüchen
Impuls für die Sammlung war Tochter Sarah, die mir unlängst wissen ließ, dass sie es schade findet, unseren Dialekt nicht zu kennen. Beiden studierten Töchtern möchte ich mit diesen Ausführungen einen ‚Heimatanker‘ setzen; interessant sicher auch für andere aus unserer Region. Oma ‚Käthl‘ und meine Mutter haben mir in der Mundart der alten Schweinfurter viele Schilderungen zukommen lassen, die es mir Wert sind, sie festzuhalten. Die Umsetzung weckte persönliche Erinnerungen, die ich teilweise zu integrieren versuchte.
Alle Leser bitte ich, den Ausführungen mit Humor zu begegnen. Hochdeutsch war für uns Fremdsprache und galt eher als suspekt und arrogant. Im Fach ‚Deutsch‘ hatte ich auch heftige Probleme in der Schule, was unter anderem am zu Hause gepflegten Dialekt lag.
Familie Albin Grahl ,Oberwerkmeister bei der VKF in Schweinfurt1934, mit meiner Oma, Katharina Grahl, geb. Kupfer, und den Kindern (von links) Else, später mit meinem Patenonkel Hans Berger verheiratet, meine Mutter Lotte, Christian, Emil, der 1939/40 bei Kiew dem Russlandfeldzug zum Opfer fiel und mein Onkel Otto Grahl
Gesammelt von Günther Hartlieb, geb. 1948 in Schweinfurt, wohnhaft u.a. am Zeughaus bis 1953, dann in der Luitpoldstraße sowie in der Cramerstaße, Schulamtsdirektor a.D., der an verschiedenen Schulen in Schweinfurt unterrichtete und später als Schulrat für diese Schulen zuständig war.
Informationen aus Kirchenbüchern und Chronikquellen sind meinem Cousin Helmut Berger zu verdanken, der unsere Ahnungsforschung betrieben hat und stellvertretender Leiter des Jugendamts in Schweinfurt war. Er hat mir eine sehr umfangreiche Ahnendatei zukommen lassen.
Mütterlicherseits sind meine Vorfahren überwiegend Schweinfurter aus dem Stamm der Kupfers. Dabei ist anzumerken, dass die Aufzeichnungen bis zum Ende des 30-jährigen Krieges, 1648 (!) in den Kirchenbüchern zurückreichten und sich die Kupferslinien spalteten (Verschiedene ‚Kesselkupfer‘ waren in der Kesslergasse zu finden.). Denen entstammte auch der Rekordnationalspieler und Ehrenspielführer der deutschen Fußball-Nationalmannschaft , Ander Kupfer‘, mein Onkel. Er war der Schwager meines Vaters, der aus der ‚Schellers-Rass‘ der ‚Feldgass‘‘ war. Auch Ander Kupfer kam aus der Feldgasse, wo es nur eines gab, jede freie Minute Fußball spielen.
Meine maßgebliche Kupferslinie, so die Chroniken, waren die Kupfers mit dem Beinamen ‚Krawall‘ und der Ergänzung, die ließen sich nix g’fall.
Beispiel dafür ist eine Schilderung, die mir meine Oma, Katharina Grahl, geb. Kupfer, vor allem vor meiner Konfirmation, häufig erzählte, situativ in jeder Hinsicht bestens passend und nicht gerade ‚Religions- fördernd‘:
Die Uroma, ‚die alte Pupfia‘, wie sie meine Oma immer nannte , geboren 1848 in Burgpreppach als Margarethe Rauscher, Tochter des dortigen Schloss-Gutsverwalters, verwitwete Kupfer, wurde 1899 vom Pfarrer und Lehrer ‚geladen‘, weil meine Oma in der Sonntagsschule gefehlt hatte. Die Uroma schilderte überzeugend den Grund: ‚Sie hätte als ‚Wittfraa‘ sonntags arbeiten müssen und meine Oma Katharina, ihre Tochter, musste den kleinen Cousin Ludwig betreuen, weil dessen Mutter auch sonntags zur Arbeit gehen musste‘. Übrigens der Cousin war der spätere Stadtrat Ludwig Baumbach, SPD, (‚Baumbachs-Luttl‘) und Ehemann der AW-Bezirksvorsitzenden Gretl Baumbach, SPD- Stadträtin. Die Reaktion des Duos von Pfarrer und Lehrer war trotz der Schilderung der Notlage der Familie: Nacharbeit und Strafe. Meine zu Recht erboste Uroma, ergriff in Anwesenheit ihrer Tochter zwei nicht näher bezeichnete Bürogegenstände, die auf oder neben dem Tisch waren, warf sie den Herren entgegen, packte ihre Tochter und verschwandt mit dem Kommentar ‚Ihr schwarze Kalfakter könnt mich ä mal. Wenn ihr nix annersch zu tun habt, als fleißige Leut‘ zu unterdrück‘n! Weh‘ Ihr bestraft mei‘ Kättl! Des wärd‘ ä g‘wiss bereu‘n!‘ Es soll angeblich kein Nachspiel gegeben haben.
Die Begebenheit ist insofern auch interessant, weil ein Onkel der Uroma, der Schuhmacher Wilhelm Rauscher, der letzte Türmer in der St.-Johannis-Kirche in Schweinfurt war (Quelle: Die Johanniskirche in 450 Jahren Reformation in Schweinfurt von Wiltrud Wößner) und dort mit der Familie bis 1916 oben im Turm wohnte. Das Heft enthält eine interessante Schilderung über den Türmer, die mir auch als Geschichte so erzählt wurde. Die im Außenaufzug zur Schuster- Wohnung nach oben beförderten Schuhe wurden angeblich qualitativ so repariert, wie das Vorweghonorar, meistens aus Naturalien bestehend, ausfiel.
Meine Ahnen waren fast ausnahmslos aus Schweinfurt. Es waren Kesselkupfer, Schuhmacher, Gärtner, Häcker, Säger, Totengräber, Fruchtmesser, Lackierer und auch ein Brückentorwächter. Viele hatten den Beinamen ‚Krawall‘, z.B. ein Krawalla-Jörg (1824 -1886), der Fruchtmesser am Bauhof war. Der erste belegte Kupfer, Hans, kam aus Harras bei Coburg (1628 – 1696). Es gab außer ihm nur wenige ‚Migranten‘, u.a. aus Burgpreppach, Dresden, Königsberg oder Maßbach, interessanterweise alles evangelisch geprägte Orte.
Mein Großvater, Heinrich Albin Grahl, Drechslermeister, kam aus der Nähe von Dresden und war später Ober-Werkmeister bei der VKF in Schweinfurt. Er war aktiver Sozialdemokrat und ‚Freidenker‘. (!) Er war einer derjenigen, die dafür sorgten, dass Adolf Hitler nach einem einzigen Versuch nur einmal in Schweinfurt auftauchte. Als leidenschaftlicher SPD-ler empfing mein Opa, so die Schilderung der Großmutter, mit anderen Genossen den ‚Böhmischen Gefreiten‘, wie er ihn nannte, am Kornmarkt mit Backsteinen.
Der ‚Führer‘, so ist es überliefert, brach 1932 spontan den Besuch in Schweinfurt ab und ließ sich nie wieder in Schweinfurt blicken. Schicksal für meinen Großvater: er wurde verraten, verlor nach der ‚Machtergreifung‘ durch die Nazis seine Führungsaufgabe bei der VKF und wurde zum Hofkehrer (!) degradiert. Sein Trost: er hat den ‚böhmischen Gefreiten‘ überlebt, wie er wiederholt stolz betonte. Leider erlebte er selbst nur noch das Jahr 1946.
Ein weiterer ‚Auswärtiger‘, ein Johann Heinrich Rauscher, war Gutsverwalter im Schloss Burgpreppach, wo meine Urgroßmutter 1848, genau 100 Jahre vor mir das Licht der Welt erblickte. Die Uroma, die sich, wie geschildert, der ‚Verschwörung‘ aus Pfarrer und Lehrer widersetzte.
An dieser Stelle sollten endlich deftige ‚Beiträge‘ kommen. Alle wurden von Katharina Grahl, geb. Kupfer, an meine Mutter Lotte Hartlieb, geb. Grahl, weitergeleitet. Vieles kannte ich selbst noch von meiner Großmutter.
Bleiben wir bei der Kirche und Religion:
(Ich fühle mich irgendwie als Schweinfurter protestantisch vorbelastet, bin auch Mitglied der evangelischen Kirche, weil Mutter evangelisch war. Mein Vater war katholisch.) Zu Kirche und Glauben wurde ich nicht erzogen. Die Religion meiner Eltern waren der Sport und die Natur. Die einzigen Ohrfeigen, ‚Schelln‘, habe ich während meiner ganzen Schulzeit nur von einem Pfarrer erhalten, von Schorn Senior, in der Sakristei der Gustav-Adolf-Kirche kurz vor der Konfirmation und völlig zu Unrecht. Die, die es verdient hätten, weil sie den Gottesdienst störten, sind gar nicht zum ‚Stempel-Empfang‘ (Kirchenbesuchs- nachweis) beim Pfarrer angetreten. Für mich war das ein nachhaltiges Erlebnis zu kritischer Distanz zur Kirche. Die folgenden Oma-Sprüche passten bestens.
‚Im Grab is‘ Ruh‘; da läßt `mer kee Pförtzlä und äs Arschloch bleit zu.‘
Prozession (Fronleichnahm): ‚Jetzt bat‘n sä wieddä äs Blauä vom Himmel ro.‘ (sinngemäß: ‚Jetzt beten sie wieder des Blaue vom Himmel herunter.)
Gebet: ‚Herr, wir danken dir für deine Gaben, die wir uns gegeben haben!‘
Glaubwürdigkeit der Geistlichen: ‚Hör genau hi, was der Kutteprunzer sächt (sagt!), aber schließ die Ach‘n vor seiner Tat‘n‘. Sonst wässt schnell (erkennst du), was des G‘schwafel der Pfaff‘n wert is.‘
Es wurden nicht nur Geistliche ‚bevorurteilt‘:
Zu großen Bartträgern: ‚Bär, Bär beiß mich net, du hast ä haarets Maul, und wenns‘t über die Brück’n gehs‘t, stapfs‘ tä wie ä Gaul.‘ So wurden gern hünenhafte schnauzbärtige Verehrer abgekanzelt. ‚Schnüdel‘ waren und sind die die Fußballer des FC 05 in Schweinfurt, weil das Ballventil der Lederfußbälle früher und das männliche Geschlechtsteil gewisse Ähnlichkeiten aufwiesen. ‚Flasch‘n‘ sind sie dann, wenn sie verloren haben.
Essensweisheiten:
Zwiebeln: ‚Hab Sonne im Herzen und Zwiebeln im Bauch, da hast du kee Schmerzen und Pförzen kannst auch!‘
Bohnen: ‚Jedes Böhnchen gibt sein Tönchen.‘
Kohlrabi: ‚Kohlrabischnitz, dass e’hn die Brüh‘ zum Arsch rausspritzt.‘
Stuhlgang: (aus dem Scheißdrecksmarsch) ‚Es scheißt der Bauer, es scheißt der Knecht, die Stadtleut scheiß’n a net schlecht. Es scheißt das ganze Erdenrund, und wer net scheißt, der is net g’sund!‘
Zwetschgen: ‚Zwetschgä-Brei, tritt der Vatter mit der Hätsch’n nei‘.
Linsen: ‚Isst du viel Linsen, wird dei Ärschle grinsen.´
Brot: `Butterbrot macht Wangen rot, Wurschtbröter machen sie röter‘.
Abschluss des Gänsebratens: ‚Gänsebrust und Ärsch, des is der letzte Versch‘.
Kohl: ‚Frass net zu viel Kohl, der mecht dein Bauch ganz hohl‘.
Sellerie: ‚Gib dein Alt’n Sellerie, schreit er wieder ‚Kikeriki!‘.
Sonstige Sprachhilfen:
Schelch war ein Holzkahn, der mit einem Stachel (lange Holzstange ca. 6 – 8 m, mit Eisenspitze) die Bevölkerung von eine Mainseite auf die anders brachte. Dort wo heute die Staustufe ist, wurden z.B. die Leute zum Freibad oder VFR-Platz übergesetzt, oder, beim Brückenbräukeller von der Höll zur Wehr. Auch in Meeberg (Mainberg) konnten die Leute nach dem Sonntagsausflug zur Wehr übersetzen, wo es dann über Bad Sennfeld oder den Wehr-Auen nach Hause über die Maxbrücke ging. Den Aufruf ‚ H o l ü b e r ! ‘ folgte der ‚Stachel‘, der Kahnführer, oft erst nach vielen Rufen, weil so manche Bierchen dem Stachel zu einem geruhsamen Mittagsschlaf im Kahn verhalfen. Ein Rätsel war für mich immer, wie die Kahnführer bei einem Preis von 5, später 10 Pfennig pro Person sich die vielen Warte-Bierchen leisten konnten.
Schelche hatten selbst verständlich auch die Fischer aus Schweinfurt. Sie wurden wie oben bedient.
Als die ersten Autos in Schweinfurt aufkamen, wurden die größeren Exemplare auch als Schlitt’n oder Schelch bezeichnet, mit denen die Scheichs (wohlhabende Schweinfurter) umworbene Damen abholten.
Die Straßenkreuzer der Amis waren nicht Schelche, sondern: Amischlitt‘n
Ein sehr bedeutendes Gefährt in Schweinfurt war ... die Honigmaschin, ein Fäkalien-Abtransporter. Sie kommt auch im Gedicht ‚der Schweinfurter Scheißdrecksmarsch‘ an vorderster Stelle vor.
Lotte als Wein-Verehrerin ( Sie wurde knapp 94 Jahre alt ...):
Der beste Kommentar für einen guten Wein, war ihr zustimmendes Geräusch nach dem ersten tiefen Schluck: ein erleichterndes gedehntes „ Aaahhh ... „
Ihr Weinkonsum war von Zuverlässigkeit geprägt, so wie bei der Großmutter Katharina: Frühschoppen gegen 10:00 Uhr, nach dem Frühstück und vor dem Mittagessen. Bei der Oma gab‘s ein Buch dazu, das ihr beim Einschlafen auf den Boden rutschte. Vormittags war es bei ihr anfangs immer ‚Zeller Schwarze Katz‘, kein Frankenwein. Nach dem Mittagessen verhalf ihr dann Frankenwein zum Mittags-Nickerchen. Ihre folgenden Kommentare sind überzeugend:
Für sie gab´s kenn trockenä Wein. ‚Der iss eh immer nass, sonst könnt mä‘n net drink‘.‘ Ä g’scheiter Wein muss süffig sei‘.
Ihr regelmäßiger Trinkspruch war: „Prost, dass die Gurgel net verrost‘.“
‚Mehr als zwä hammä net getrunk’n, äs erschte und äs letztä Glasla.‘
‚Wenn a saurer Wein as Arschloch z’sammzieht, kannst gleich Essig sauf‘.
... und wenn der bestellte Schoppen dünn schmeckte: ‚Ich hab fei kee Schörlä bestellt‘ ...
Bisweilen wurde der Schoppen deutlich unter dem Eichstrich eingeschenkt. Das Glas ging zurück mit dem Kommentar: ‘Ich wollt’n Schopp’n und kee Achterlä .‘
Um den Durst vor den Wanderzielen Mainberg oder Zell vorher zu stillen, wurde Bachwasser getrunken, ohne Bedenken, krank zu werden. Als Trinkwasserkriterium galt: ‚Fließt as Bächlä über´n Stee, is es wieder ree‘ (rein). So viel zur früheren Wasserqualität von Marien- und Höllenbach gemäß der Schweinfurter Kupfers.
Frankengeschichten von Schweinfurtern über sich und andere:
Natürlich durch die Brille der protestantischen Schweinfurter Reichsstädter, mit einem nicht zu unterschätzenden Stolz; Toleranz existierte damals auch nicht, höchstens als Fremdwort. Auch wurden die Darstellungen immer mit einem Schuss Humor serviert. -
„Fürther Buom sin‘ böase Buom, die stahl‘n der Bauern ihr roate Ruom. Sie höhl‘n sä aus, un´ scheißen nei, un´ stecken sä wieder in die Erd‘n nei. Da kummä die nernberger Betelesbuom (Petersilies...), und hol‘n sä raus und beiß‘n nei – und beiß‘n voll in die Scheißn nei.“
Würzburger sin´ Kuttäprunzer, die `n Bischoff nein Arsch kriech´n, ´bevor sä zu denk’n` aafangä.
Bamberger ‚sin‘ Zwieb‘lträter, die aus `Schiss`(=Angst) vor‘m Bischoff ihr Rathaus auf ä Insel g`setzt ham.
Rückertdenkmal in SW: ‚Da hockt er drom, der alte Moo und schaut aus lauter Gram – auf’s Treib’n der vielä Markt-Weiber roo.‘
Dittelbrunn war a Nast mit nur wenig Häusli, wo Straß, Booch und Dreckbrüh eens warn; und wenn‘s gewittert hat, iss alles durchgerauscht und erscht beim Hundszüchter Klein am Mariaboch hängäbliäm, zusammä mit’m Draack aus Zall (Zell) und Weipoltshausn.
Name von Schweinfurt: ` Der Name kummt genau vom Mee, da sen die Säu nü gross und klee.`
Schweinfurter aus der Sicht von außen: Die Schweifürter waren in Maasbich (Maßbach Lkr. KG), die Kaaskramer vom Mee oder die ‚Meeprunzer‘.
Wertschätzung von B e r u f s g r u p p e n
Bäckerzunft: „Hint‘n in der Judägass‘, da wohnt ä neuer Bäck, der hängt sein Arsch zum Fenster naus und schreit „Ihr Leut‘ `s geit Weck!“
Bauern: „Ä Bauer is ä Viech, scheißt nein Bett un‘ blei’t drin liech.“
Malerzunft: „Maler und Lackierer, die sinn die größtä Schmierer.“
Soldaten: (ein allgemein bekannter Spruch) „Parademarsch, der Hauptmann hat ä Loch im Arsch.“
(Notdurft der) Sennfelder Marktweiber: ... die sinn auf’s Brücklä übers Schwamer Bächlä (... bei der heutigen Eisbahn ...), ham die Bee breit gämacht und es einfach laff‘ lass‘. Meine bescheidene Nachfrage als Junge: ‚Und die Unterhosen?‘ Antwort der Oma: „Die hatt’n mehrerä Röck, aber kee Hos’n aa‘.
Kurzwörterbuch (noch nicht alphabetisch geordnet und noch nicht abgeschlossen):
Ei-gebrockt’s Brot im Kaffee half Zahnlosen beim Verzehr. Es war früher immer ein großer Topf mit Kaffee auf dem Herd, aus dem man mit dem Humpen Kaffee (-ersatz) tagsüber ausschöpfte und darin altes Brot aufweichte.
Kuttelfleck sind ‚Schniggerli‘ (schmecken sehr gut in saurer Sauce...).
Kleine Fische sind ‚Fischli‘.
‚Ölläs‘ ist der Kopf. Der hat ‚än digg‘n Ölläs‘ (... dicken Kopf ...)
Übergroße Damen sind ‚Hägächn‘ (Heugeige- Gestell zum Heu-Trocknen).
Sehr füllige Frauen sind ‚Wulchern‘(mit den überlappenden Bauchschichten). Nicht selten wurden sie auch als ‚Pflunz’n‘ abgestempelt.
‚Wulchern‘ als Verb meint übrigens Teig ausrollen auf dem Wulcherbrett.
Eine wenig intelligente Zeitgenossin war ‚ ä ‚Raaf‘.
‚Grät’n‘ waren schlanke Teenager. ‚Des sin‘ frachä Grät’n‘. Unter ihnen waren auch hübsche ‚Schicksli‘, wenn ‚sä net grod‘ ...
‚Stäckerles-Bee‘ sehr dünne Beine hatten.
‚Suddeln‘ heißt, sich schweinisch verhalten, Schmutz machen. ‚Die alte Suddel hat ä Sauerei hinterlassen‘.
Kleine Essiggurken sind ‚Kümmerli‘.
‚Schafmäuli‘ = Feldsalat, der an Feldrändern wild am besten gedeiht.
‚Krumbern‘ oder ‚Ardöpfl‘ (Erdäpfel) sind Kartoffeln.
‚Gaalä Ruäm‘ (gelbe Rüben) sind Karotten.
‚Reuterli‘ sind kleine geschnittene Brotstücke (heute Fingerfood).
‚tächertä‘ und ‚wächä‘ Birn‘ sind überreif und wenig schmackhaft.
‚Schmuatz‘ = Kuss
Urin = ‚die Sächn‘; urinieren = ‚sächn‘ oder ‚prunzn‘ (Kutteprunzer ...). Auf viele Wunden wurde, in ‚Outdoor-Situationen‘ zwecks Desinfektion geprunzt ... oder ‚g‘sächt‘, vor allem wenn Spucke bei stark verunreinigten Wunden nicht ausreichte (Siehe auch Heilanregungen!)
‚Mensch‘ bedeutet ungezogenes Frauenzimmer (‚frachs Mensch‘).
‚Dreggsag‘ ist ein Mannsbild, das gerne seine Mitmenschen ‚leimt‘.
‚Oarschkriecher‘ schmeicheln sich gerne bei Vorgesetzten oder Mitmenschen ein; – andere Bezeichnung ‚Schleimscheißer‘.
‚Rossbolln‘ sind Pferdeäpfel, die die ‚Göll‘ (Pferde) als Kot ausscheiden und früher halt die Straßen entsprechend ‚segneten‘.
‚Hünd‘ sind Hunde, ‚Sauhünd‘ sind kriminelle menschliche Zeitgenossen.
‚Hammel‘ ist ein ungezogener Junge. ‚Sauhammel‘ ist die Steigerung.
‚Ä Gääß‘ ist eine Ziege (Kleens Gäsla) aber auch eine wenig intelligente Frau.
‚Bibbn‘ war die Bezeichnung von Truthahn oder streitsüchtigen Zeitgenossen/innen (Leg dich net mit derä Bippn ao!)
‚Tochenachtla‘ ist eine verträumte Zeitgenossin.
‚dabbich‘ ist jemand, der sich ‚deppert‘, also dumm anstellt.
‚Spreißl‘ = sehr dünnes Mädchen (Twiggy der 60iger) oder Anschürholz, das dann im Plural ‚Spreißeli‘ hieß.
‚Krautstampfer‘ sind sehr dicke Waden bei Frauen.
‚Bluns‘n‘ ist ein fetter runder Bauch, ein entsprechend wohlbeleibtes menschliches Wesen oder auch ein aufgeblasener Schweinsmagen, der außen an Gaststätten hing, wenn es frisch Geschlachtetes gab.
‚Krautstücht‘ ist das (Steingut-)Gefäß zum Einmachen von Sauerkraut.
‚Weck’ ist ein Brötchen oder eine Semmel wie die Oberbayern sagen - Plural ‚Weckli‘ und die Verkleinerungsform war dann ‚kleens Wecklä‘.
‚Grüggn‘ (Krücken) sind Gehhilfen aber auch Zeitgenossen, die weder sportlich noch lebenstüchtig sind (abwertender Ausdruck).
,Spätz’n‘ Spucke; ‚spätz’n‘ entsprechend das Verb für spucken.
‚Oberedd‘nschmarrer‘ sind Zeitgenossen, die verbal nicht zu bremsen sind.
‚Naster‘ um Schweinfurt waren Dörfer wie Zell, Dittelbrunn oder Üchtelhausen
‚Pinscher‘ ist eine abwertende Bezeichnung für Hund.
‚Tratminä‘ ist Hundekot von den ‚Drecksködern‘ auf dem Gehweg.
‚Hetzetla‘ heißt jetzt.
‚Nachtetsobäds‘ war vorgestern Abend (Nachtets ... gestern).
‚Wäsch‘ in der Waschlauge wird ‚häß‘ oder kalt ‚gelüht‘, d.h. gewässert.
Spezielle Omaspeisen
‚Schniggeli‘ sind saure Kuttelfleck. Dazu gab es ‚Sauerteigstölli‘.
‚Weckzameten‘ eingeweichte Brötchen mit Ei in der Pfanne ausgebacken
‚Hasäpfeffer‘ in Blut gekochtes Hasenfleisch
‚Dörrplätz‘ ist eine Bäckerspezialität aus Schweinfurt (Weingebäck)
‚Kümmeli‘ sind süß-sauer eingelegte kleine krumme Gurken.
‚Backersli‘ sind ‚Rösti‘ aus rohem Kloßteig, meist mit Apfelmus serviert.
Alte Gesundheitsrezepte:
1. Waldmeister
1.1. Zur Blutverdünnung: Maibowle – Waldmeisterbowle: Ein ‚Strauß‘ (in der Hand zu haltendes Gebinde) für ca. 1 – 2 Stunden in 1 l leichten, nicht zu trockenen Wein (Mosel, Rheinhessen) eintauchen. (Vorher den Waldmeister gut ca. 3 – 6 Stunden eher an der Luft trocknen lassen.) Den angesetzten Wein mindestens eine Woche ruhen lassen.
Wichtig: den Strauß (das Bündel) nicht zu lange im Wein lassen, auch nicht den Waldmeister wie Petersilie zerkleinern, sonst wirkt das Cumarin , der Wirkstoff eher giftig und das schöne Waldmeisteraroma mindert sich. Mit der weißen Blüte verliert sich deutlich die Wirkung des Waldmeisters.
1.2. Hausmittel auch gegen Stechmücken im Haus: Waldmeister –
In jedem Zimmer einen frischen Strauß Waldmeister aufhängen. Insekten meiden Cumarin, der eigentlich ein Giftstoff ist (aber auch Herz-anregend und Blut verdünnend). Für Spinnen und Stechmücken (in Schweinfurt: ‚Schnacken‘) wirkt das Aroma intensiver als Lavendel, bis weit in den Herbst hinein.
2. Holunder
2.1. Holundersaft wurde im Herbst in Flaschen eingekocht und war ein Wundermittel gegen Fieber und Erkältung.
2.2. Holunderblüten wurden zur Herstellung der Holunderküchle, eingebacken in Weiß-Teig in der Pfanne hergestellt. Die Küchle wurden zusammen mit Marmelade, Hiffen-Mark oder Quittengelee serviert (Hiffen-Heckenrosen).
2.3. Herz- und Nervenwein wurde als Mischung mit Holunderbeeren, Weißdorn, Schlehen im Herbst zusammen mit Federweißen, Hefe und Zucker im Glas-Ballon unter Luftabschluss (Gärverschluss) angesetzt. Der vergorene rosa-klare Wein hielt sich bis zu drei Jahren gekühlt und schmeckte als relativ hochprozentiges Getränk eher als anregender Aperitif, der auf Grund der Zusammensatzung im Winter Kraftgeister weckte.
3. Birkenblätter wurden getrocknet und als Tee gegen Diabetes eingesetzt.
4. Gänsefett wurde beim Gänsebraten abgeschöpft, konserviert und bei Erkältung auf Brust und Rücken aufgetragen, vor allem um heilendes Schwitzen zu aktivieren (Punkt 8).
5 .Ohrenschmalz wurde auf spröde Hautstellen aufgetragen, diente der Heilung und half dem Austrocknen vor.
6. Mandelentzündung wurde in der Regel nur durch kalte Halswickel kuriert.
7. Fieber war als Heilungshelfer akzeptiert und wurde grundsätzlich nur mit feuchten kalten Umschlägen behandelt.
8. Gegen Erkältungen gab es Schwitzkuren: Man (Kind) wurde richtig warm eingewickelt, teilweise noch mit heißen Decken unterstützt zum Schwitzen gebracht. So geht der Draag (die Infektion) raus. (Anmerkung des Verfassers: Ich wurde nach 7. und 8. gegen Masern, Mumps, Mandelentzündung, Scharlach und Grippe o h n e Antibiotika kuriert.)
9. Auch Gelenkschmerzenwurden mit feuchten kalten Umschlägen behandelt. Teilweise wurde Essig-saure Tonerde für die Umschläge eingesetzt.
10. Für Kreuz- und Ischias-Schmerzen gab es ein Katzenfell auf Rücken und Gesäß. Auch Sud aus getrockneten Brennnesseln wurde aufgetragen.
11. Brennnessel- Salat und –Tee förderte den Stuhlgang.
12. Desinfektion von Wunden beim Wandern oder im Garten: Eigener Urin „Brunz drauf, dann wird’s sauber!“
13. Insektenstiche: sofort aussaugen, bei Bienen erst den Stachel entfernen; anfeuchten (notfalls mit Spucke) und Salz auf die angefeuchtete Wunde
... und weitere Lebensweisheiten:
- Auch wenn dä alt wärscht wie ä Kuh, lernst immer no dazu!
- War lang jammert, wird g‘wies alt.
- Vo dä Reichä lernst äs spar‘n.
- Ä Beamtä stirbt lieber, eh ä schwitzt.
- Kleenä Haferli laffen leicht über. (Kleine Menschen reagieren unbeherrscht.)
- Hüt‘ dich vor gezächertä (Gezeichneten)!
Viele Mundartgedichte hat mir meine Großmutter überliefert:
As Christkindla
Heut muaß as christkin’la no kumm - S’ it so still in allä Gass’n;
Die Kinnä hocken in der Stumm – sie wärn net beigelass’n – Örscht wenn die Muttä kümmt und säigt: ‚Äs Christkin’la hat ei-gelägt‘ . -Hetz kümmä sä – wie die Tür aufgeaht. Da springä sä gleich alla. Droum in der grosse Kammer steaht der Baam scho ganz in Galla-
Die Kinnä guck’n spanisch drei‘
und fräg’n: Motter, wo g’hört mei?
As Rättla kriagt a Sonntogskläd; as Jörglä kriagt
Göllä.
Ar geit der Motter glei’ vor Fräd an Schmuatz mit sein klee Möllä.
Die Ruat’n kriagt der Andereas – dar i‘t a bißla drüäber böas.
O goldana Weihnachtszeit, o wärscht net verrunnä!
Die Kinnerfräd, die Selichkäd, die hab i‘ nimmer g’funnä.
Sou long mä klee i’t, i’t mä dumm-
do kann as Christkin’la no kumm.
Dia Speisekart’n
Mi hat dehem a Mol was g’argert g’hot,
da bin i‘ här un bin glei nei die Stodt
un ho gadacht, tuast a wos ass un a wos drink‘
un läßt dabei die guate Launä net versink. Bin nei ä Wärtschoft, groaß un schöö gäbaut
un ho‘ a Seidla Bier bästellt – ganz laut.
Der Kallnä hat mersch glei gäbracht
un hot sei Kallnärsprüch dazu gämacht.
Da hob i‘ g’socht, i‘ wöllet aa wos ass,
bei’n Trink’n söllet mär des net vergass.
An racht’n guat’n Grumbernzolot, ho i‘ gedocht, den ass i hetzät in der Stodt.
Do kummt der Kallner nabersch Tischla für
un brengt a schmols, ä ellälongs Papier
un säigt, da stünnert alles schwarz auf weiß.
I konnt mei Neugier nit verbeiß. Da hot mi a der Appätit gejuckt drum hob i glei auf dem Zettl rumgeguckt.
Hetz fängt der Schrieb a no leiteinisch ou:
Sa – la –mi – ja, Salami steat vorn drou.
Des Fuattä, denk i, könnst aamal versüch
un zächers mit an Schwafelhölzlars Strich.
As anner Wort wor deutsch und deutlich g’schrieam,
Brotwörscht warn’s. I bin dervo geblieam.
An Wörscht un Wörschtlich hob jo kee Noat,
die henga frisch und dörr derhem im Schloat.
Noch wos Lateinisch will i g’schwind nu sah.
Sieh da, des Cervelat, des zächerscht aa.
Des is vielleichta guats Gamüas, ä fätts.
Wie hässt denn des do? Co- te- letts? Des moch i net, des hört sich olbern ou
un wenn‘s dann harkümmt, schmeckt‘s vielleicht a sou.
I ho no viel gelasn, des und sall,
doch sütä Nomä dia vergisst dä schnall.
Ee Wort dervo, des hat mer g’falln agrot.
Wia hot’s g‘wschind g’hässn? Ochsemaulzolot!
Wos soll denn sou a olbersch Wort bedeut?
As geit worhoft schor racht verrücktä Leut.
Schafmäuli tuat mein Fraa dehem als mach,
doch Ochsemaul, do muss i heut noch lach‘!
Hetz hot dar Kallner g’socht, i söllät mi doch eil‘,
drum hob i gemeent, des auf der letztä Zeil,
wua Pressak hässet, söllt er mer a no breng
un zächersch a no mit an Strich ä weng.
Pressak – wos des scho‘ wieder it?
I versüch‘s halt, die Walt kost’s nit. Hetz denk i, mechst dich in Bereitschaft schöa,
mach‘s Maul zuracht und richt mi in die Höha.
Da brengt der Strolch vo dara noblä Harrn –
I ho gädocht, ar hält mi ner zum Narrn
un ho gämeent, des wollt i net zu örscht ,
drei Tallerli, un allä drei mit Wörscht.
No – gall die Wörschtlas-Schnippeli g’hörn mei?
Na da bedank i mi – des lass i lieaber sei!
I ass mi ures nei dann Lumpäzeuch,
dehem und hetz a noch do bei euch.
Wos is dann mei Salami da dervou?
Un wos mei Cervelat? Des roat – sousou?
Un des is Pressak? Schwatämochn it‘s!
Da kummst wahrhaftig in die Hitz!
Die Harrn ham ananer gstümpt un aa gelacht
un i ho dara Karl a no den Narrn gämacht.
Dei Geschrei, hob i gädacht, is a umäsünst
un schau, dass‘d schnall aus därä Kneipn kümmst.
Hos Zeug bäzohlt un in die Rocktasch g’steckt,
bin los un ho gäbrammelt, ‘s Gald is aa verreckt!
Derhem hob ich‘s der Fraa schö ausgeläicht
un ho gädocht, will hör os dia do säicht.
Die hot gemeent, wann dä widä grantich bist,
und denkst, dass du dein Ärger nunner frist,
un willst dei Grilln verfrass und aa versauf,
dann gehst’ä g’schwind die Stiechn nauf,
guckst nein Schloat und klotzt dei Wörschli ou
un denk daran, da vergeaht‘s dervou.
Racht hat’s g‘hot! Des muas i selber soch
dehem muas mer halt a viel vertroch.
Dia Fraa, dia Kinner argern een zä toat.
I war danoch- scho oftä ohm - beim Schloat.
Der Scheißdrecksmarsch (oder der ‚Schweinfurter Marsch‘)
In aller Herrgottsfrua, da geht’s scho lustig zua
da drüm im Nachbarshaus, da learn’s as Scheißhaus aus.
Des is ä mords Geschrei, weng derer Stinkerei
und in der Mittn drin, da steht die Dampfmaschin.
Die Dampfmaschin fängt‘ s laufen a,
so g’schwind, dass mers kaum halten ka.
Un in ä Viertelstund, is `s Scheißhaus leer
bis auf den Grund.
Der Scheißdreck und das Arschpapier, alles zieht’s von hinten für.
Die Nachbärn schrein ‚Hurrah!‘, jetzt is die Scheißn da!
Der Herr Kommerzienrat, kummt grad a no vorbei,
mit seiner noblen Frau - an derer Stinkerei.
Der Knecht, der schreit wie toll,
‚halt ei!‘, des Fass iss voll!
Da plötzlich platzt as Rohr –
die Scheißn spritzt empor.
Die Frau Kommerzienrat die schreit.
Oh Gott mein schönes neues Kleid!
Da schau nur her, mein Mann,
da hängt jetzt lauter Scheißn dran.
Der sagt: Des seh ich nicht. Mir ging a Sprutz ins G’sicht. Das eine weiß ich g’wiss, das dess ä Scheißdreck is.
Und is erscht voll das Fass, beginnt der große Spass.
Der Knecht der spannt gleich oo
un fährt den Dreck dävoo.
Er fährt’n ohne Sorch, durch allä Straßn dorch un hat sei größte Freud, wenn alles schimpft un schreit.
Äs kümmt die Sempflder Artillerie
mit ihrä stinkerter Scheißdrecksbrüh.
Der G’stank der tuat uns gar net wohl,
die Sau, die soll der Teufel hol‘!
Der Knecht denkt sich in guter Ruh, wer’s net riech’n moch, hält sei Nosn zu.
Mei Fass, des hat halt kee Parfüm,
da is nur lauter Scheißdreck drin.
Kummt er dann mit seim vieler Dreck ganz nah hi bis an’s Rathauseck,
ruft der Polizist ‚Oh weh, oh weh!‘ un hält gleich beide Arm in d‘ Höh.
Damit is glei‘ die Straß‘n frei,
nach Sennfeld für die Sauerei.
Der Knecht, der grinst und lacht
un‘ denkt , was alles so ä Schein macht.
Im Stadtrat ob‘n im Sitzungsaal,
riecht’s grod nach‘m Mordsskandal.
Der eene schaut an annern aa,
wie mär nur so heftig stink‘n kaa.
Ein Stadtrat schaut zum Fanster naus
un ruft auf ee Mal freudig aus: ‚Jetzt kennä mä den G’stank genau,
da unt’n fährt die alte Sau!
Is der Kencht am Acker drauß,
lässt er gleich den Scheißdreck raus,
damit er dann den Dünger bringt,
wenn‘ a ä bisserl arch da stinkt. Der Dreck der spritzt umher, die Batz’n kreuz un quer.
Auf ee mal nur noch tropft,
äs Hähnlä is verstopft.
Er nimmt zuerscht ä Stäckelä,
un weils net geht, ä Häckerlä.
Da kummt heraus ä alter Schuh
un ä verreckter Ratt dazu, Monatsbinden, Tripperspritz’n,
Pariser und ä Häringsbüchs’n.
Damit wär der Dreck heraus
un der berühmte Marsch wär aus.
Is eener unter euch,
der soch mers lieber gleich,
wenn er sich schon empört,
wenn er vom Scheißhaus hört. Dem soch mer halt Klosett,
des is ja aa scho nett,
trägt er sei Nas’n hoch,
stinkt er beim Scheiß’n doch.
Es scheißt der Bauer,
es scheißt der Knecht,
die Stadtleut scheiß’n a net schlecht,
es scheißt das ganze Erdenrund
und wer net scheißt, der is net g’sund.
Am übelsten is der wohl drann,
der halt net richtig scheiß’n kann.
Äs Schorschlä von dä Hadergass
So wie i hier vor Ihne steh, des müssen sä scho sag‘n,
dass i ä saubers Börschle bin, vom Stiefel bis zum Krag‘n.
Voll Lumperei und frohem Sinn, ä Viech schon von Geburt her.
Wenn‘s wiss wölln, wer i bin, i bin ä Schweinfurt-er.
//: Ja, i bin äs Schörschlä, von der Hadergass,
ä saubers Börschle, ä saubera Rass.
Da hint’n simmä z‘haus, ja da is zerm,
aus Schweifärt geh mä net, da wöll mä sterm. ://
Im Summer schaff i auf’m Bau, da muss i Backstee trag‘n,
im Winter hab i dann mei G’schäft auf der Meebrück’n aufgschlag’n.
Da spätz i voller Fräd nein Mee, dass alle Fisch derschreck’n.
Un wenn i dann a Ärbät seh, dann tu i mi schnall drück’n.
//: ... ://
Mei Mutterspach is wirklich schö, so heimisch un so nobl.
Ä Fremder kann kee Wort versteh, wenn i tu auf mein Schnobel.
Da häßt‘s geh har, geh nü, die Gäs, der Mee, die G’stecker,
die schlachter Basen, schlachte Kerl, ihr Sauhünd ihr Verrecker!
//: ... ://
da stehn sä dann vor meinem Grob und heule dicke Tränä.
//: Ja, hier ruht äs Schörschlä, von der Hadergass,
ä zümpftigs Börschlä, ä saubarä Rass. Sein Schmieß und sein Papierkrag‘n, des hat er uns vermacht.
Zu mehrä hat’s der alte Lump, ja eh niemals gäbracht.://
Scheinheilichä
Dia Leut, wou gor so viel as Joar naus bat’n
un hinterm Buck’l auf die an’rä trat’n,
... von darer kocht der Teif’l g’hackten Brei.
Dia Strolch’n räid’n immerfort vom Fast’n
sie lasen in der Kerch nou‘n Opferkasten
... un schmeiß’n Pfenni, dass racht klappert nei.
Sie beicht’n aa – der an’rä Leut ihr Sünd’n
un ihr schlacht‘s Harz, des is sou schwarz wie Tint’n
...Fer wors is da dann noch die Absolviererei?
Die anra söll’n za Grunda geah, söll‘n a verschimmel,
un die da kummä ganz allee, nein Paradies, nein Himmel?
Will dar, dar ehrlich is, dort überhaupt no nei?
Soll am End‘ äs Paradies nur für Scheinheilichä sei?
Mein Lehrer in der 3. Klasse der Friedenschule war Wilhelm Fuchs, wohnhaft im Gambrinus, in der Schrammstraße. Er hat sich die Gedichte von mir regelmäßig auswendig vortragen lassen und von Zeit zur Zeit unter der Rubrik ‚‘s Schorschlä meehnt‘, im Tagblatt mit dem Hinweis veröffentlicht: ‚Was ä alte Schweinfurterä iam Enkel so alles beigebrocht hot ...‘
Fotodokument der ersten Turnerinnen in Schweinfurt
Meine Großmutter, Katharina Kupfer, geb. 1887 in SW, später verheiratete Grahl, war bei den freien Turnern. Sie war eine der beiden ersten öffentlich auftretenden Turnerinnen in Schweinfurt, im Jahre 1903, damals eine Sensation.
Mein erstes Zuhause in Schweinfurt war am Zeughaus
Das folgende Bild zeigt mein Elternhaus ‚Am Zeughaus 9‘ in der Zeit um 1891/92, in dem ich von 1948 bis 1953 lebte. Vor dem Haus auf dem Foto meine Urgroßmutter, Margarethe Kupfer, die den spektakulären Auftritt vor Lehrer und Pfarrer hatte, mit meiner Oma auf dem Arm und Ludwig Baumbach im Kinderwagen. Das kleine alte ‚Häuslä‘, das die Bomben- angriffe im 2. Weltkrieg überlebte, war zwischen dem Malergeschäft Kämpf und der Brauerei Wagner und musste Anfang der 60iger Jahre dem Neubau der Firma ‚Grasberger‘ weichen, die inzwischen auch zur Geschichte gehört. Die ‚Brauereigäul‘ konnte ich mit den Fuhrwerken noch als Kind erleben, denn die waren zum Laden der Fässer vor unserer ‚Stub‘n abg’stellt‘ und der Wohnraum mit den kleinen Fenstern war dadurch noch düsterer.
Unten war neben dem ‚Gang‘ (Flur) die ‚Küch’ mit Wohnraum. Der hintere Teil der unteren Wohnebene beherbergte die Küche, offen zum Raum, mit Herd und Schränken. Auf dem Herd war ein Emailtopf in die Herdringe eingelassen. Er war gefüllt mit Kaffee, immer warm, so dass man tagsüber mit einem Humpen nach Bedarf sich bedienen konnte. Vorne war ein langer Esstisch mit Stühlen. In der Ecke zum Fenster hin stand ein großes Ecksofa, das als Herberge für Mäuse diente, mit denen ich als Kind angeblich ausgiebig spielte.
Der Hinterhof war wegen eines Bombenschadens nur halb überdacht. Auch die Treppe nach oben war zum Teil im Freien. Die einzige Toilette des Hauses, am hinteren Ende, war auch 1953 noch ein Plumpsklo, das regelmäßig von der‚Honigmaschin‘ mit Schläuchen durch den Gang geleert werden musste. Neben dem Maschinengeräusch als Erinnerung in den Ohren habe ich vor allem den heftigen Fäkaliengestank nicht löschbar in meinem Nasenspeicher.
Der 1. Stock beherbergte das Wohnzimmer und zwei Kammern. Die eine bewohnte Onkel Otto und die andere Oma Katharina. Im 2. Stock war das Elternschlafzimmer. Gegenüber war die Altane mit Hühner- und Hasenställen (Das hatten alle Nachbarn in der Innenstadt.) Sie war nur mit einer Sprossenleiter zu erreichen. Für mich als Fünfjährigen war das stets ein Wagnis, besonders die Leiter ‚ro‘ (... nach unten).
Auch der Keller war sehr aufregend: Eine lange Steintreppe ohne Geländer führte in das große Gewölbe, das als Fenster nur die kleine, auf dem Foto über dem Pflaster zu erkennende Öffnung hatte. Beleuchtung war eine schwache Glühbirne, ‚Funzel‘ genannt. Der Keller hatte blanke Natursteinwände, Naturboden und mit Holz abgetrennte Flächen für Kartoffeln, Brennholz und Kohle – und ungeniert tummelten sich Mäuse und bisweilen angeblich auch Ratten dazwischen.
Mein Kindergarten, eine Arbeiterwohlfahrt-Einrichtung, war in der bombengeschädigten Barthels-Villa untergebracht. Sie hatte einen Gartenteich mit Bogenbrücke und nur einseitiges Geländer. Damals fiel kein Kind ins Wasser, obwohl das Ambiente um das Gewässer ein schöner Abenteuer-Spielplatz war. Auch das Treppenhaus war abenteuerlich: es war nach oben offen, verursacht durch einen Bombenschaden. Nur die Räume der Kindertagesstätte waren provisorisch abgedeckt. Auch die Umgebung war abenteuerlich. Als mich meine Oma abholen wollte, fehlte ich zusammen mit einem Mädchen, Sonja Falter, so ihre Schilderung, auch aus der Baumbachs-Verwandtschaft. Man fand uns unbekümmert spielend im ‚Pascha-Wäldle‘, ca. 300 m entfernt. Diese Grünanlage existiert noch gegenüber dem SKF-Verwaltungshochhaus. Die Barthels-Villa musste samt Garten und Stadtgraben dem Neubau des Kaufhauses ‚Horten‘, heute Kaufhof, weichen.
In der Stadt gab es auch noch Bauernhöfe. Ich
erinnere mich an zwei. Den der Familie Baum in der Niederwerrner Straße, Ecke Roßbrunnstraße und den Wintersbauernhof am Zeughaus mitten in der Stadt. Direkt nordwestlich vom Zeughaus, uns
gegenüber, zwischen dem Gasthof ‚Zur Linde‘ und dem Fellhändler ‚Barth‘ war der Bauernhof mit Schweinen, Kühen und Hühnern. Als eine Sau, die zur Überführung zum Schlachthof aus dem Stall geholt
wurde, ‚ausbüchste‘, in Richtung Markt, rannte der Jungbauer Ludwig Winter mit einem Stägg‘n hinterher und schrie ‚Blei‘ stenn, du blödä Sau!‘. Für die umstehenden Zeitgenossen und besonders für mich war das ein nachhaltiges saustarkes ‚Schweinfurter Erlebnis‘.
Dittelbrunn, im Oktober 2015
Günther Hartlieb
Anlage 1 zur Chronik (Kupfers-Krawall) von Günther Hartlieb
Mein Vater, A d o l f H a r t l i e b , wurde am 22.09.1920 in Schweinfurt geboren.
Adolf wuchs in der Feldgasse als 9. von 10 Kindern auf. Sein ältester Bruder, mein Onkel Engelbert, geb. 15.09.1900, war z.B. 20 Jahre älter. In diesem Stadtviertel, auch Konsumviertel genannt, sind alle berühmten Schweinfurter Fußballer groß geworden. So auch Ander Kupfer und Albin Kitzinger. Mein Vater war auch leidenschaftlicher Kicker, spielte zuerst bei den Freien Turnern, wechselte dann zum 1. FC 05 Schweinfurt, den Schnüdeln, wo er es bis in die Oberligamannschaft schaffte. Er war auch Bataillons-Auswahlspieler. Leider erlitt er bei einem Oberligaspiel in Regensburg einen komplizierten Unterschenkelbruch. Nach der Verletzung stand er allerdings immer im Schatten seines Schwagers, dem Rekordnationalspieler Ander Kupfer, der 44 Einsätze in der Nationalmannschaft hatte, genauso wie Albin Kitzinger von den Schnüdeln, was vor den beiden bis zu dieser Zeit niemand schaffte. Dafür wurde Onkel Ander dann auch Ehrenspielführer der deutschen Fußballnationalmannschaft. Da konnte mein Vater leider nicht mithalten. Dafür war er erfolgreicher Fußballtrainer. Es brachte den TSV Maßbach von der Kreisklasse 2 bis in die Nordbayernliga mit mehreren Meisterschaften hintereinander. Dort war für uns die aufregendste Begegnung immer das Derby zwischen den Maßbachern und den Schnüdel-Amateuren, weil wir in der Familie alle FC-ler waren. Mein Vater, Adolf, war FC-ler u n d Maßbachtrainer.
Die Mutter meines Vaters, Maria Margarete, kam 1880 in Versbach zur Welt. Ihr Vater, mein Urgroßvater August Hartlieb, war Steinmetz in Versbach. Vielleicht ist dort der Ursprung unserer künstlerischen Gene, die auch unsere Tochter Ariane nachweisbar mitbekommen hat?
Mein Vater war ab 15.04.1935 als Kontorbote bei der Firma S. Mohrenwitz & Söhne beschäftigt. Leider wurde der Firmeninhaber als Jude zur Geschäftsaufgabe und Migration gezwungen. Die Reichskristallnacht hat mein Vater in der Firma, so seine Schilderungen, folgendermaßen erlebt: ‚Da kamen am späten Nachmittag irgendwelche halbstarken Schläger mit antijüdischen Naziparolen. Als die braunen Deppen sahen, dass sich alle Beschäftigten gegen sie stellten, ergriffen die HJ-ler die Flucht, weil sie Angst hatten, verklopft zu werden‘. Interessant ist der Ort der Wiederholung des Anti-Nazi-Geschehens in Schweinfurt: Es war wieder der Kornmarkt, wo die Weinhandlung Mohrenwitz war. Genau dort, wo Hitler mit Backsteinen empfangen wurde (Siehe Albin Grahl, Großvater!).
Die Firma wurde von Alois Schuck übernommen, wo mein Vater eine Ausbildung als (Wein-) Kaufmann erfolgreich absolvierte (Firmenschild der Fa. Mohrenwitz, Lehrvertrag und Zeugnis der Fa. Schuck liegen bei.). Seine Beschäftigung bei dieser Firma endete durch den Einsatz als Soldat im II. Weltkrieg. Die Firma war dort, wo heute das ‚Bratwusrtsglöckle‘ ist bzw. war. Mit meinem Vater war ich öfter bei Schucks zu Besuch. Von unserem Häusle am Zeughaus war es auch nicht weit. Viele Erinnerungen hat Papa dort mit den Inhabern ausgetauscht, für mich immer viel zu lange. Um mich still zu halten gab es in Ermangelung von Limonade ein besonders gut schmeckendes Getränk: im Kindergläschen einen Schluck ‚Insel Samos‘. Der Schluck war süß und beruhigend. Ich war noch keine 5 Jahre alt! Keine Wunder, dass ich immer freiwillig meinen Vater zum Besuch bei der Firma Schuck begleitete. Es folgen Belege, natürlich nicht zum Samos-Wein:
das Firmenschild der Firma Mohrenwitz
der Lehrvertrag meines Vaters und das Zeugnis der Firma Schuck & Co.11
Schweinfurt, im November 2015
Günther Hartlieb